CSD in Berlin

„Keine Bratwurststände, Bierwagen oder VIP-Bereiche“

15. Apr. 2014

CSD und kein Ende? Der seit Monaten schwelende Streit um den Berliner CSD, die Umbenennung in Stonewall-Parade und das damit einhergehende neue Konzept, hat Bewegung in die Community gebracht. Ein neu gegründetes Personenbündnis, bestehend aus 23 Einzelpersonen, hat für den 21.6. eine eigene Demo angemeldet. Heiko Großer, Vorstand der Berliner Aids-Hilfe, ist eines der Gründungsmitglieder und erklärt im Interview, was man mit dem zusätzlichen CSD erreichen will.

Heiko, gestern war euer offizieller Gründungstag. Als was habt ihr euch zusammengeschlossen? Wir sind ein zeitlich befristetes Bündnis aus zur Zeit 23 Einzelpersonen, die für den 21.6. eine politische Demonstration angemeldet haben und die queere Community einladen, aktiv diese Demo zu gestalten. Wir sind kein e. V., keine GmbH oder gGmbH.

Wie organisiert ihr euch? Wir haben Arbeitsgruppen und die haben jeweils einen Sprecher für die interne Organisation. Wir haben keinen Geschäftsführer, keine Geschäftsführerin oder Ähnliches, sondern gewählte Gruppen und Gruppensprecher und -sprecherinnen.

Und es geht nur um diese eine Demo? Genau. Das ist ganz wichtig, wir planen diese eine Demo für dieses Jahr und wollen am 23. oder 24. Juni mit einem guten Erfolg dieses Bündnis beenden.

Wie kam es eigentlich dazu und wer ist beteiligt? Wir sind im Moment 23 Leute aus unterschiedlichsten Vereinen, Organisationen, Verbänden, Gewerkschaften, Parteien und sind dort queer verankert. Aber wir haben ganz klar gesagt: wir sind Einzelpersonen und werden als solche in unseren Vereinen, Parteien, Verbänden für diese Demo werben, aber auch in der ganzen Community.

Wie politisch seid ihr? Es gibt ja relativ viele Vertreter aus den Parteien bei euch. Wir wollen eine politische Demonstration und da ist es klar, dass Parteien und queere Verbände sich äußern.

Was sind eure Hauptkritikpunkte am CSD beziehungsweise am CSD e. V.? Ganz wichtig ist, dass wir uns am CSD e. V. nicht abarbeiten wollen. Wir wollen auch diese Geschichte nicht aufarbeiten. Wir sind aber sicherlich ein Ergebnis des Verhaltens des CSD e. V. – zum Beispiel in Bezug auf die Umsetzung des Stonewall-Beschlusses ohne breite Einbeziehung der Community. Aber es geht uns nicht darum, diese Geschichte noch einmal in den Mittelpunkt zu stellen.

Wie wird es praktisch aussehen? Habt ihr schon eine Route, eine Uhrzeit, einen Startpunkt? Ja, Wir werden am 21.6. um 12 Uhr an der Ugandischen Botschaft in der Axel-Springer-Straße starten. Unsere Route führt über die Leipziger Straße, die Friedrichstraße an der Russischen Botschaft vorbei. Wir gehen vorbei am Holocaustmahnmal und natürlich am Mahnmal für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus. Dann geht es ins Botschaftsviertel des Tiergartens, da werden wir natürlich einige Botschaften anlaufen, um politische Aussagen zu machen. Aber nicht nur international, wir werden zum Beispiel auch die Landesvertretung Baden-Württembergs an unserer Route haben, und wir werden am Lützowplatz enden, also unmittelbar vor der Bundeszentrale der CDU.

Handelt es sich um eine klassische Demonstration mit Schildern und Bannern oder wird es auch Musik und Wagen geben? Wir haben ganz klar gesagt, wir wollen eine politische Demonstration, die bunt ist, die laut ist und die durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktiv gestaltet wird. Da sind dann auch Wagen, Musikgruppen, Laufgruppen, Transparente dabei. Was wir wirklich ausschließen ist Sponsoren-Werbung. Die Community soll mit ihren Mitteln für ihre politischen Inhalte werben, aber nicht unter einem wie auch immer gearteten Sponsoren-Plakat. Wie groß die Wagen sein dürfen, wissen wir noch nicht, wir müssen erst schauen, was die Route hergibt.

Aber es wird keine Abschlussveranstaltung mit Verkaufsständen, Würstchen und Bier geben? Nein, es wird keine Bratwurststände, Bierwagen oder VIP-Bereiche und kein Bierzelt geben, das haben wir nicht auf unserem Plan.

Habt ihr keine Angst vor einer Spaltung der Community? Wir sehen uns nicht als Spaltung sondern als ein konstruktives Angebot, den politischen CSD in dieser Stadt weiterzuentwickeln. Wir stehen weiterhin für einen Dialog unter der Voraussetzung der Aussetzung des Stonewall-Beschlusses durch den Berliner CSD e.V., wie zweimal vom CSD-Forum beschlossen. Unsere Schnittmenge mit dem CSD e. V. ist die queere Community, der wir für dieses Jahr ein Angebot machen.

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