CSD-Debatte

Neuer „Förderverein Hauptstadt CSD“! Neue Pride-Parade 2015?

24. Apr. 2014
(c) Brigitte Dummer

Ziel des am 22.4. gegründeten Vereins ist die Etablierung einer neuen Pride-Parade für Berlin ab 2015.

Wir sprachen mit Gründungsmitglied und Pressesprecher Ralf Gregor Lipus (Brasileuro)

Ralf, von wem genau wurde der „Förderverein Hauptstadt CSD“ gegründet?

Ralf Gregor Lipus: Die Gründungsmitglieder werden benannt, wenn der Verein offiziell in das Vereinsregister eingetragen wurde, der ganze formale Akt abgeschlossen ist. Einige Personen können aber bereits genannt werden, unter anderem Henry Jaworek (u. a. Betreiber der Facebookseite Stonewall Berlin) .

Ihr schreibt in eurer Pressemitteilung, dass ihr ausdrücklich das „Aktionsbündnis CSD 2014“ unterstützt. Darüber hinaus möchtet ihr einen neuen „Hauptstadt CSD“ für 2015 etablieren. Was sind denn dabei eure Ziele, wie soll das aussehen?

Das ist relativ einfach. Die Trennung der Abschlussveranstaltung von der Parade muss stattfinden. Es kann nicht sein, dass die Wagenbetreiber exorbitant hohe Summen bis weit über 2.000 Euro bezahlen müssen, um damit eine Abschlussveranstaltung zu finanzieren, wie es derzeit unter dem Vorstand des CSD e. V. der Fall ist. Der Betriff „Teilnahmegebühr“ bei einer Demo geht auch überhaupt nicht. Das ist ein Widerspruch in sich. Der CSD e. V. befindet sich in einer Situation, in der jeder zum Verwaltungsgericht hingehen kann, um dem CSD den Status einer Demonstration zu nehmen. Genau das ist ja damals bei der Loveparade passiert. Nachdem ihr der Status der Demo aberkannt wurde, war die Veranstaltung wenige Zeit später gestorben. Der CSD e. V., vertreten durch den Vorstand und den Geschäftsführer, betreibt also ein extrem gefährliches Spiel. Ein Spiel mit der Community. Wir sind für einen „Solidaritätszuschlag“, so wie es auch in Köln genannt wird. Dieser Zuschlag für Wagenbetreiber liegt in Köln weit unter der Anmeldegebühr des CSD e. V. bei circa 450 Euro.

„Und hier teilt der CSD e. V. Ohrfeigen aus? Dann gibt es Fahndungsfotos? Das kann nicht sein!“

Was sind denn die anderen Punkte?

Wir haben uns vorgenommen, kontinuierlich vom Kurfürstendamm aus zu starten. Endpunkte alternierend Brandenburger Tor oder Siegessäule, und wenn das nicht klappt, am Potsdamer Platz oder Alexanderplatz. Der dritte Punkt ist, Attacken gegen die Politik – so wie sie durch den Vorstand des CSD e. V. Vorgenommen wurden – zu vermeiden. Wir werden jede politische Partei zulassen, nur eben keine rechtsradikale. Wir sollten stolz und froh sein, dass wir in Berlin einen so starken Politikerzuspruch erfahren beim CSD. Da kämpfen andere Städte in Deutschland drum. Und hier teilt der CSD e. V. Ohrfeigen aus? Dann gibt es Fahndungsfotos? Das kann nicht sein! Nach der Veröffentlichung der Fahndungsfotos hätte der Vorstand komplett zurücktreten müssen. Man kann keine Personen anzeigen, von denen man später etwas möchte. Dem Vorstand des CSD e. V. fehlt es an Diplomatie im Umgang mit der Politik, den Medien und anderen Veranstaltern. Wir dagegen haben ideale Kontakte.

„Es ist so, dass wir davon ausgehen, dass der CSD e. V. nicht mehr reformierbar ist.“

Wie positioniert sich der „Förderverein Hauptstadt CSD“? Versteht ihr euch grundsätzlich als Gegenbewegung zum CSD des CSD e. V.?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Es ist so, dass wir davon ausgehen, dass der CSD e. V. nicht mehr reformierbar ist. Das liegt an bestimmten personellen Strukturen, die weder von heute auf morgen, noch auf längere Zeit aus den Ämtern zu hebeln sind. Anders ausgedrückt: Diejenigen, die derzeit im Vorstand sind, inklusive dem Geschäftsführer Robert Kastl, sitzen extrem fest im Sattel. Wenn Kastl jetzt aufhören würde, würde der CSD e. V. von heute auf morgen zusammenbrechen und man könnte den CSD nicht mehr durchführen. Alle Strukturen finanzieller Art laufen durch seine Hände. Ob so was legitim ist, steht auf einem anderen Blatt. Wir wollen einen neuen CSD für 2015 etablieren. Das ist unser Ziel, und zwar nicht nur für das nächste Jahr, sondern für die Zukunft generell.

Noch mal zum Thema Transparenz. Gibt es für die Community denn die Möglichkeit, an dieser Neuetablierung eines Hauptstadt CSDs mitzuwirken?

Wir werden einen Beirat, ein Kuratorium schaffen. Personen müssen also nicht beitreten, sondern können ähnlich wie im Forum, teilnehmen und haben in den Abstimmungen eine sehr große Relevanz. Nicht nur beim Thema Motto, Leitlinien und Thesen, sondern unter anderem auch beim Thema Werbung.

Das werden also auch öffentlichen Foren sein. Wann soll das da losgehen?

Das wird in der ersten Kalenderwoche des Septembers geschehen, da wird es eine öffentliche Mitgliederversammlung geben. Wir möchten auch noch einen anderen Bereich der Community ansprechen. Das sind zum Beispiel die Clubs, Bars und Diskotheken, Restaurants, die Medien – das ist bis jetzt absolut vergessen worden. Ich habe eben erfahren, dass zum Beispiel das Connection nicht am CSD teilnehmen wird, auch die „Propaganda“ nimmt nicht mit einem Wagen teil, sondern nur mit einer Fußgruppe, weil sie mit ihrer Teilnahme eben nicht eine gigantische Abschlussveranstaltung finanzieren wollen. Das ist gut so.

„Für uns ist bei dieser Frage relevant, ob es beim CSD Forum heute Abend Veränderungen personeller Art gibt.“

Seid ihr denn eigentlich gesprächsbereit und willens euch auch noch mal mit dem CSD e.V. an einen Tisch zu setzen, oder wollt ihr einfach konsequent euer Ding machen? Im schlimmsten oder besten Fall, je nach dem, hätten wir ja sonst 2015 zwei CSDs.

So sieht das schlimmstenfalls oder bestenfalls aus, ja. So wie der tCSD sich ja auch mal aus dem alten CSD heraus entwickelt hat. Für uns ist bei dieser Frage relevant, ob es beim CSD Forum heute Abend Veränderungen personeller Art gibt. Es gibt ja Rücktrittsgerüchte.

Wenn der Vorstand heute Abend zurücktreten sollte, hältst du es dann für möglich, dass sich der „Förderverein Hauptstadt CSD“ mit dem CSD e. V. wieder an einen Tisch setzt?

Vorstellbar ist es schon, solche Gespräche zu führen, darüber müsste aber erst der Vorstand beschließen.

Interview: Jan Noll

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