KARRIERE

Einhörner in Ausbildung

2. Aug. 2014
Stuart B. Cameron

Auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz stellen sich queere Jugendliche viele Fragen. Stuart B. Cameron beantwortet einige davon im Siegessäule-Interview

Die STICKS & STONES Karrieremesse ist ja schon fast einen Monat her. Gab es dort auch Orientierungsmöglichkeiten für Jugendliche? SchülerInnen sprechen wir nicht so stark an, was an unserer Werbung liegt. Es kamen durchaus einige Jugendliche, die sich über Praktika und Einstiegsjobs erkundigt haben. Ausbildungsplätze wurden kaum ausgeschrieben, das wird sich nächstes Jahr wahrscheinlich ändern.

Du trägst auf Werbefotos oft einen Einhornkopf, wieso? Wenn wir erklären, die Messe richtet sich an Schwule, Lesben, Bi's, Trans*, Inter... und Heteros, dauert das ewig und ist schwer zu bewerben. Also haben wir uns gefragt: Wonach suchen wir? Nach Menschen, die einzigartig und kreativ sind – wie Einhörner. Das heißt nicht, dass du ein bunter Vogel sein musst: Ein Einhorn kann in jedem schlummern.

Wie finde ich als queerer Mensch einen Ausbildungsplatz, an dem ich sicher sein kann, nicht diskriminiert zu werden? Viele Unternehmen behaupten, sie machen Diversity, aber es ist einfach Schönschieberei. Ich empfehle, sich die anzugucken, denen wir das Siegel „Pride 175“ verliehen haben und die an der STICKS & STONES Karrieremesse teilgenommen haben. Es kann hilfreich sein, in Foren oder auf Xing Erfahrungen anderer anzuzapfen und herauszufinden, ob LGBTIs, die man kennt, in dem Unternehmen arbeiten. Wenn ein Unternehmen AnsprechpartnerInnen für Diversity-Themen hat, ist das ein gutes Zeichen. Ein Indiz ist außerdem: Dort wo wenig Frauen eingestellt werden, gibt es in der Regel kaum Sensibilität für LGBTI-Themen.

Nach welchen Kriterien vergebt ihr das Siegel „Pride 175“? Das Siegel bekommt ein Unternehmen, das sich öffentlich als „stolzer Arbeitgeber“ outet, dies auf seine Webseite schreibt und ein mal im Jahr an LGBTI-Veranstaltungen teilnimmt. Außerdem überprüfen wir in einem Audit das Engagement der Unternehmen und vergeben dafür bis zu sechs Sterne.

„Häufig werden Bewerbungen von Leuten vorsortiert, die nicht für Diversity sensibilisiert wurden“

Wie offen soll ich im Bewerbungsverfahren mit meiner sexuellen Ausrichtung umgehen? Da muss jeder nach seinem Gefühl gehen. Ich finde, es hat nur Vorteile so früh wie möglich zu wissen, ob du am potentiellen Ausbildungsplatz du selbst sein kannst. Ich rate davon ab sich zu verstecken. Jahrelang von einer Christina zu erzählen, während du mit einem Christian zusammen bist, ist stressig und wirkt sich auch auf die Leistung aus.

Wie man das Thema am besten ansprechen soll, dafür gibt es keinen 6-Schritte-Plan, denn jeder Job ist anders. Ich würde die sexuelle Orientierung nicht in die Bewerbung schreiben: Häufig werden Bewerbungen von Leuten vorsortiert, die nicht für Diversity sensibilisiert wurden, während andere Abteilungen schon weiter sind.

Was mache ich, wenn ich nach Beginn meiner Ausbildung merke, ich werde diskriminiert, will aber meinen Ausbildungsplatz nicht gefährden? Ich wurde in meiner Ausbildungszeit auch diskriminiert und weiß: Wenn man nichts tut, wird es nicht besser. In manchen Unternehmen gibt es geschulte AnsprechpartnerInnen, denen man sich anvertrauen kann, ohne seinen Ausbildungsplatz zu gefährden. Wenn man mitbekommt, dass jemand anderes diskriminiert wird, sollte man früh Flagge zeigen. So schafft man sich Verbündete und gemeinsam ist man stärker.

Interview: Paula Balov

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