PARTY

Viel zu tun

16. Aug. 2014
Ena Lind (li.) und Zoe Rasch (c) Goodyn Green

DJ Ena Lind und Bookerin Zoe Rasch engagieren sich seit 2011 verstärkt für Frauen in der Clubmusik. Ihre Party „Mint“ ist durch weitere Angebote längst zu einem Support-Netzwerk für weibliche DJs geworden, finanziell gefördert vom Berlin Musicboard. Wir trafen Ena und Zoe zum Interview

Mit „Mint“ seid ihr seit April über den Partybetrieb hinaus zu einer Plattform geworden, die Frauen in der elektronischen Musik fördern möchte. Mal ganz ketzerisch gefragt, warum ist das notwendig? Zoe: Für mich ist die Benachteiligung von Frauen in der elektronischen Musik immer ganz einfach sichtbar auf Plakaten, egal, ob von Festivals oder Partys. Such darauf mal die weiblichen DJs. Da stehen zu 95 Prozent Männer drauf. Das kann doch nicht sein! Eine Studie von female:pressure zeigt, dass das Ungleichgewicht zwischen weiblichen und männlichen DJs katastrophal ist, was die Bookings betrifft. Die Prozentsätze von Frauen auf Festivals und in Clubs sind fast im einstelligen oder im niedrigen zweistelligen Bereich.
Woran liegt das? Zoe: Manche glauben, dass Männer eher Zugang zu technischen Dingen und Computerprogrammen hätten. Das kann man ruhig infrage stellen, wir haben da ganz andere Erfahrungen. Manche glauben auch, es könne daran liegen, dass Frauen schüchterner, leiser sind. Ein Problem sind sicher die Netzwerke von Männern. Das Nachtleben ist eine Buddy-Wirtschaft, man supportet Freunde. Und wenn Clubbetreiber Männer sind, supporten die erst mal männliche Freunde.
Ena, wie eingeschränkt fühlst du dich dadurch in deiner Arbeit als DJ? Ena: Es gibt bestimmte Clubszenen, in die man schlecht reinkommt, weil sie stark männlich dominiert sind. Im Umgang mit Technikern ist es auch hin und wieder schwierig. Wenn ein Problem auftaucht, kommen sofort die Männer und versuchen, das zu klären. Auch wenn die Frauen selbst wissen, wie sie das Problem lösen können, halten sie sich oft raus oder werden nicht ernst genommen. Man bekommt meist alles abgenommen. Was ganz oft vorkommt, ist ein Feedback vom Publikum oder von Kollegen, wenn man einen guten Job macht: Du legst ja wirklich gut auf! Ich glaube nicht, dass Männern so was passiert. Manchmal hört man sogar: Für eine Frau legst du gut auf.
Ihr habt Konzepte entwickelt, um Frauen zu fördern. Was brauchen Frauen in der Clubmusik und wie hilft „Mint“ dabei? Ena: Wir haben mit der Party angefangen, da ging es uns darum, Frauen zu buchen und ihnen eine Plattform zu bieten, um sich einer breiten Masse zu präsentieren. Wir arbeiten jetzt aber in alle Richtungen: das Fördern von jungen Talenten bei Workshops, dem „Mint Campus“, Matchmaker und DJs vernetzen bei den „Mint Dinners“. Zoe: Und last but not least: Die „Mint Faces“. Kurzfilme, die DJs porträtieren, die bei uns auflegen. Frauen sprechen über ihre Liebe zu Musik, aber auch darüber, wie sie sich in der Musikbranche fühlen. Ich finde diese Filmserie toll, weil sie Sichtbarkeit herstellt und Mut macht. Ena: Außerdem haben wir auf unserer Website weibliche DJs aufgelistet, da können sich Booker informieren. Wenn Leute Frauen buchen möchten, dann können wir sie auf unsere Website verweisen. Es ist mir wichtig, dass klar wird, was „Mint“ bedeutet: Wir wollen damit was bewirken und keine tolle Welt für uns weibliche DJs alleine schaffen.
Ihr habt Geld vom Berlin Musicboard bekommen, einem Fördertopf für Projekte, die mit Musik zu tun haben. Wie waren eure Erfahrungen mit dieser Einrichtung? Zoe: Die Zusammenarbeit mit dem Musicboard ist wunderbar. Das ist ein ganz tolles Team, das sehr kluge Entscheidungen fällt. Da geht die Lokalpolitik in die richtige Richtung. Man braucht aber schon gute Inhalte und Konzepte, um Gelder zu bekommen.
„Mint“ ist ein Konzept mit Potenzial. Was sind denn eure Pläne, über die ihr schon sprechen könnt? Ena: Wir haben schon so viele Pläne – über die wir noch nicht sprechen möchten. (lacht) Zoe: Wir wollen einfach nicht stolpern. Es geht um ein langsames und kluges Wachstum, da nehmen wir uns Zeit. Aber wir haben definitiv einen Weg in eine bestimmte Richtung und wissen, dass es noch viel zu tun gibt.                     

Interview: Jan Noll

Mint, 16.08., 23:59,
Bi Nuu, mit: Miss Jools, SchmitzKatze, Ena Lind

Alle Infos und Anmeldung zu „Mint Dinner“ und „Mint Campus“ auf
mintberlin.de

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