Filmfestival

In fremden Welten

25. Aug. 2014

Wunder, Spektakel und Kuriositäten – am Mittwoch, den 27.08., startet das Fantasy Filmfest, das auch wieder Leckerbissen fürs queere Publikum bietet

– Ende August ist es wieder so weit: Zwölf Tage lang regiert das Genrekino in Cinemaxx und CineStar am Potsdamer Platz. Seit 1987 zeigt das jährlich stattfindende Fantasy Filmfest all das, was das Kino an Kuriosem zu bieten hat. Oft ist dies die einzige Gelegenheit, Filme auf der großen Leinwand zu sehen, die bestenfalls eine Veröffentlichung auf DVD/Blu-ray erleben oder völlig verschwinden. Filme mit LGBTI-Thematiken sind seit jeher dabei – queer und Fantasy scheinen traditionell zusammenzugehören. Vielleicht sind es die überspitzte Ästhetik des Horrorkinos, seine überzeichneten Figuren, die herkömmliche Rollen- und Geschlechtervorstellungen sprengen, und die häufig opernhaften Inszenierungen, die das queere Publikum faszinieren. Denn dieses mischt sich beim Festival in schöner Regelmäßigkeit mit den klassischen Hetero-Horror-Nerds. Man schaut dieselben Filme, wenn vielleicht auch aus unterschiedlichen Perspektiven. Gemeinsam ist allen die Lust am Spiel mit Provokation und Grenzüberschreitung.

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Jamie Marks Is Dead                     

Ein Programm-Highlight in diesem Jahr ist „Jamie Marks Is Dead“ (30.08., 17:00, Cinemaxx) von Carter Smith („Ruins“). Die Literaturverfilmung erzählt eine tragische Liebesgeschichte zwischen einem jungen Mann und ... einem Geist! Atmosphärisch und emotional entfaltet der langsam erzählte Film seine Wirkung eher wie ein klassischer Geisterfilm der 60er-Jahre. „Jamie Marks Is Dead“ ist traurig, poetisch und auf jeden Fall sehenswert. Aus Frankreich kommt „White Bird In A Blizzard“ (06.09., 17:00, Cinemaxx) von Gregg Araki, einem der prominentesten Vertreter des New Queer Cinema. Der Thriller um eine dysfunktionale Familie ist ganz auf die wunderbare Eva Green zugeschnitten, die in der Rolle einer zickigen Diva definitiv preisverdächtig ist. Arakis Film wartet mit einer völlig unerwarteten queeren Wendung und einem erstklassigen Schauspielerensemble auf, zu dem auch Christopher Meloni („True Blood“) gehört. Was passiert, wenn ein hypermaskuliner koreanischer Filmstar (Exmodel und Frauenschwarm Cha Seung-won) in die Rolle eines Detektivs mit Trans*Identität schlüpft, kann man in dem atemlosen Actionthriller „Man on High Heels“ (02.09., 19:30, Cinemaxx) bestaunen. Regisseur Jang Jin zieht alle Register des Genres, während der Hauptdarsteller in der Rolle des Transgender-Detektivs seine gewohnte Machoidentität kräftig konterkariert. Ein ziemlich gewalttätiger Neo-Noir, der das Spannungsverhältnis zwischen dem männlichen und weiblichen Part seiner Hauptfigur als Actionkracher inszeniert, ohne ins Groteske zu kippen – wann hat man das schon mal gesehen?

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Under The Skin

Der im Vorfeld vielleicht bekannteste Film dürfte Jonathan Glazers „Under the Skin“ (01.09., 19:30, 03.09., 23:45, Cinemaxx) sein: Scarlett Johansson spielt ein männerverschlingendes Alien, das desorientiert durch Schottland irrt. Keine leichte Kost, die Geschichte ist monoton erzählt und bewusst offen gehalten, aber filmisch ist das seltsame Science-Fiction-Werk ein Leckerbissen. Wer etwas Geduld mitbringt, erlebt einen faszinierenden Film über Entfremdung und das wechselseitige Unverständnis zwischen einem Individuum und seiner Umwelt. Und das ist ja letztlich auch ein queeres Thema. „Housebound“ (05.09., 19:15, Cinemaxx) ist eine Horrorkomödie um eine Frau, die unter Hausarrest steht – dummerweise ist ihr Domizil ein Spukhaus. Das ist schon alleine wegen Hauptdarstellerin Morgana O'Reilly sehenswert. In der Rolle einer supertoughen Bankräuberin dürfte sie nicht nur das lesbische Publikum begeistern. Ein bisschen schwimmt der Film auf der gegenwärtigen Welle von Geisterfilmen, was ihm nicht zum Nachteil gereicht.

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Nurse 3D

Konkret lesbisch wird’s in dem Slasher „Nurse 3D“ (29.08., 23:45, 01.09., 13:00, Cinemaxx) in dem eine Krankenschwester mit Vorliebe für High Heels eine obsessive Liebe zu einer Kollegin entwickelt und untreue Ehemänner um die Ecke bringt. Gemäß dem Titel gibt es den trashigen Spaß in blutigem 3D. Fans von Robert Pattinson kommen in dem futuristischen Western „The Rover“ (27.08., 20:00, Cinemaxx, 30.08., 17:00, Cinestar) auf ihre Kosten. Schließlich wird mit „What We Do in the Shadows“ (31.08, 19:00, Cinemaxx) noch eine wunderbare Vampirkomödie aus Neuseeland gezeigt und mit „Dark House“ (01.09., 17:00, Cinestar) ist auch ein neues Werk des schwulen „Jeepers Creepers“-Regisseurs Victor Salva am Start.

Karsten Zang

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Gastauftritt von John Waters in „Suburban Gothic“ (03.09., 19:15, 04.09., 23:45, Cinemaxx) 

Fantasy Filmfest, 27.08.–07.09., Cinemaxx am Potsdamer Platz, CineStar im Sony Center, fantasyfilmfest.com

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