Bühne

„Der Track trägt dich“

2. Sept. 2014

Bridge Markland setzt ihre erfolgreiche „In the box“-Reihe fort. Siegessäule-Autorin Lena Braun blickt zurück auf deutsche Klassiker und voraus auf die Premiere von „leonce + lena in the box“

– Ich bin mit Bridge Markland im „Bierhimmel“ verabredet und auf unser Treffen ziemlich gespannt, denn ihre queeren „In the box“-Stücke sind legendär. Bridge Markland, die schon seit knapp 30 Jahren als grenzüberschreitende Performerin auf der Bühne steht, erfand 2005 ein Format, das deutsche Klassiker auf aufregende Weise modernisiert. Wie ein Springteufel, nein, wie ein Chamäleon schaut Bridge Markland aus einer Faltbox heraus über den Tellerrand klassischer Theaterstoffe, kürzt die Texte radikal und verbrämt mit Popsongs, Fummeln, Puppen und Perücken Ehrfurcht einflößende Rollen zu einem Vollplaybacktanz auf dem Vulkan. Bridge erwartet mich mit Leonce und Lena en miniature, zwei der acht Puppen aus dem neuen Stück, neben sich auf dem weinroten Ledersofa. Ich breche in Entzückensschreie aus, denn die Arbeiten der britischen Puppenmacherin Eva Garland sind schlicht und ergreifend umwerfend. Am liebsten würde ich die beiden auch interviewen, so lebendig wirken sie. Ich frage Bridge, wie sie dazu kam, statt spektakulärer Biographien wie der der Nackttänzerin Anita Berber plötzlich die Klassiker zu inszenieren. Bridge: „Der Leiter des Schillerpalais fragte mich 2005, ob ich nicht ein Stück über Schiller machen könnte. Ich sagte zu und entwickelte ,Schiller in the box’. Mir gefiel das, und ich entschied mich, mit den Klassikern weiterzumachen, aber statt mit biographischen Daten mit den Stücken selbst zu arbeiten. Die Klassiker haben mich schon als Teenagerin fasziniert. Über meinem Bett hingen Mephistosprüche!“ Bridge Markland kontrastiert die Klassik-zitate mit Popsongfetzen.

Bei „leonce + lena“ kommen Interpreten wie 2raumwohnung, Bowie, Coldplay, Gloria Gaynor, Kraftwerk und Tocotronic zu Wort. Ich frage sie, wie sie dazu kam, jetzt eine Komödie auf die Bühne zu bringen. „Nach den schweren Stoffen hatte ich Lust auf etwas Leichtes, Freches. Und Büchners Komödie ist hochgradig erfrischend.“ Der Inhalt des Stücks ist simpel, aber die Sprache brillant und der Witz genauso beißend wie mitreißend: Prinz Leonce soll König werden und darum eine ihm unbekannte Prinzessin mit Namen Lena zum Altar führen. Den beiden graut vor der Zwangsheirat. Sie fliehen separat voneinander, treffen und verlieben sich.

Bridge schlüpft in ihrem neuen Stück in acht Rollen und diesmal hat die Künstlerin Eva Garland, mit der Bridge schon ein paar Jahre zusammenarbeitet, nicht nur die Puppen, sondern auch die Kostüme und Accessoires gemacht. Bridge: „Bei ,leonce + lena’ ist vieles anders. Auch meine Box hat sich verändert, sie hat jetzt Durchblicke, ist fast völlig transparent. Das war eine Idee meiner Regisseurin Heike Gäßler.“ Die Inszenierungen von Bridge Markland basieren auf dem Dragshow-Muster, Playback plus Mimik. Die Texte werden von Schauspielern und Schauspielerinnen eingesprochen. Diesmal gibt zum Beispiel Cora Frost die Gouvernante der Prinzessin und Dieter Rita Scholl den Zeremonienmeister der Hochzeit. Bridge Markland steht zu ihrem Soundtrack 90 Minuten solo auf der Bühne, ich stelle mir das ganz schön schwierig vor. Bridge: „Ach, wenn du erst einmal im Flow bist, fährst du ganz von allein, der Track trägt dich!“

Lena Braun

„leonce + lena in the box“, 04.09. (Premiere), 5., 6., 11.–13., 25.–27.09., 20:00, 
Brotfabrik, 20.09., 20:00, Central Rixdorf, classic-inthebox.de

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