Festival

„Die Freiheit der Lesben und Schwulen bedeutet auch meine Freiheit"

5. Sept. 2014
DJ Ipek ist eine der Organisatorinnen des Festivals © Philippe Fresse

Seit 25 Jahren gibt es die Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Istanbul. Anlass genug für DJ Ipek aka Ipek Ipekcioglu, gemeinsam mit Jamila Al-Yousef das Festival „BERLiSTANBUL#25 Underground“ zu organisieren. Genau gesagt sind es zwei Festivals – eines in Berlin und eins in Istanbul – mit Künstlerinnen und Künstlern aus beiden Städten. Die Berliner Version startet heute im Klunkerkranich. Zu erleben gibt es DJs, Live-Bands, Filme, Tanz und audiovisuelle Performances und eines ist ganz sicher nicht dabei: der Mainstream. Wir sprachen mit Ipek Ipekcioglu über das Festival.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, das Festival zu machen? Wir haben mitbekommen, dass die Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Istanbul 25 Jahre alt wird. Da stehen verschiedene Feierlichkeiten an. Ich wollte schon immer mal einige Künstler und Künstlerinnen aus Istanbul nach Berlin holen. Und wir dachten, dass es natürlich auch umgekehrt eine tolle Idee ist, mit Berliner Künstlerinnen und Künstlern nach Istanbul zu fliegen und dort Veranstaltungen zu machen. Ich war schon 2010 beim 20-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft sehr aktiv, und da war klar, dass ich diesmal auch mit dabei bin.

Was verbindet Berlin und Istanbul und was unterscheidet die beiden Städte? In beiden Städten gibt es eine große Jugendkultur und diese spezielle Aufbruchstimmung. Berlin ist eine sehr aktive Stadt voller junger Menschen, die sehr viele Partys aber auch kulturelle Veranstaltungen organisieren, und in Istanbul ist das ähnlich. Es gibt ein starkes Bedürfnis nach einer Undergroundbewegung – in Berlin schon länger, aber inzwischen auch in Istanbul. Musikalisch gibt es viele Gemeinsamkeiten. Die elektronische Musik aus Berlin wird in Istanbul gerne gehört. Andererseits gibt es in Berlin ein sehr großes Interesse daran, was in Istanbul passiert. Erst recht seit dem Film von Fatih Akim „Crossing the Bridge“, und nach den Gezi-Protesten um so mehr. Viele Berliner leben in Istanbul, viele Istanbuler leben in Berlin, insbesondere aus dem Kunst- und Kulturbereich.

Haben es Künstlerinnen und Künstler in Berlin leichter als in Istanbul? Auf jeden Fall. Obwohl es hier eigentlich auch kein Geld für die Kunst gibt – all die vielen Künstler hier können sich von ihrer Arbeit kaum ernähren. Dennoch: Es gibt Fördertöpfe, du kannst Anträge stellen und dann bekommst du vielleicht diese Gelder. Solche Fördertöpfe hast du in Istanbul nicht. Außerdem gibt es in Berlin Meinungsfreiheit. Du musst deine Kunst nicht nach den staatlichen Verortungen ausrichten. Das ist in Istanbul aufgrund der aktuellen politischen Situation anders.

In eurem Pressetext werft ihr die Frage auf: „Was bewegt Kulturaktivisten“. Hast du eine Antwort auf diese Frage? Zumindest kann ich sagen, dass die aktuellen politischen Entwicklungen die Künstler in der Türkei mehr bewegen als hier. In Berlin ist die politische Situation ja auch einfach wesentlich stabiler und nicht so sehr vom Konservatismus geprägt.

Was sind die Highlights des Festivals in Berlin? Alles ist großartig! Ich denke, die Eröffnungsveranstaltung wird ein Highlight, weil dort unter anderem Göksu Basal seine Fotografien ausstellt, die er während der Gezi-Proteste in Istanbul gemacht hat. Auch Hakan Vreskala, der Freitagnacht im Fuchs und Elster ein Konzert geben wird, ist ein absolutes Highlight. Und dann ist da noch der Film „Watch my Soundtrack“ von Kora Kaya, der zum ersten Mal in Europa gezeigt wird.

Welche queeren KünstlerInnen kommen nach Berlin? Basak Günak und Gizem Aksu zum Beispiel. Basal Günak ist Mitglied von female pressure, dem Frauenkollektiv für elektronische Musik, in dem ich auch bin. Basal und Gizem bilden die Ah! Kosmos-Crew, sie sind beide lesbisch. Ihre Performance ist am Sonntag im Klunkerkranich zu sehen. Ich mache auch eine Performance am Sonntag gemeinsam mit Ah! Kosmos. Und ich bin ja auch queer. Wir werden allerdings weniger queeren Fragen nachgehen, sondern die politischen Aspekte in den Vordergrund stellen. Aber in unserem Talk am Sonntag sprechen wir auch über die queere Bewegung während der Gezi-Proteste. Seit dieser Proteste und speziell auch aufgrund der Rolle, die der queere Block dabei einnahm, hat sich der Blick auf die Queers in der Türkei zum Positiven verändert. Die Leute haben gemerkt, die Transe, die ich bis gestern noch angeschrien habe, setzt sich für mich ein. Und das war ein ganz anderer Blickwinkel, den es vorher nicht gab. Dadurch wuchs im letzten Jahr der Gay Pride von 15.000 auf 50.000 TeilnehmerInnen. Und in diesem Jahr waren es 75.000, weil sie mitbekommen haben: Die Freiheit der Lesben und Schwulen bedeutet auch meine Freiheit.

Der Eintritt zum Festival beträgt nur drei Euro. Wie finanziert sich das? Es gibt Fördergelder aufgrund der Städtepartnerschaft, aber es ist auch so, dass die KünstlerInnen sehr engagiert sind. Sie bekommen relativ wenig Geld, und machen mit, weil sie das Festival unterstützen und mitwirken wollen. Einige kommen ja zum ersten Mal nach Deutschland. Außerdem unterstützt uns auch der Klunkerkranich. Sie arbeiten mit minimalstem Budget, damit der Eintritt so preisgünstig ist, dass möglichst viele teilnehmen können. Also kommt alle!

BERLiSTANBUL#25 Underground, 05.–07.09., Klunkerkranich und fuchs und elster, Programm und Infos bei Facebook

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