Lesung

Koks für die Nachbarin

7. Sept. 2014

Sarah Schmidt liest am 09.09. im Fahimi aus ihrem grandiosen Berlinroman „Eine Tonne für Frau Scholz“. Wir haben mit ihr gesprochen

Wie ein Berlin-Roman ohne wilde Partys funktioniert, zeigt Sarah Schmidts neuestes mit Humor und Scharfzüngigkeit geschriebenes Buch „Eine Tonne für Frau Scholz“. Ihre Protagonistin Nina Krone hat ein gutes Verhältnis zu ihren beiden Kindern, Rafi und Ella, die beide schon aus dem Haus sind. Wenigstens glaubt sie das. Spätestens als Rafi jedoch mit seinem brandneuen Freund Ben aufschlägt und die beiden ihren Plan kundtun, sich per Anzeige in der Siegessäule ein lesbisches Pärchen zu suchen, um gemeinsam Kinder zu haben, hängt der Haussegen unerwartet schief. Und schließlich ist da noch die Namensgeberin des Buches, die alte, mürrische Frau Scholz, die ein Stockwerk tiefer wohnt. Nina fängt ungefragt an, ihr jeden Tag einen Eimer Kohlen aus dem Keller vor die Wohnungstür zu schleppen und erntet dafür von der grummeligen Scholz eine Beleidigung nach der anderen ... Siegessäule-Redakteur Roberto Manteufel hat mit der Autorin über den Erfolg des Buches gesprochen

Dein Buch ist für die Hotlist 2014 nominiert, die Bestenliste der unabhängigen Buchverlage. Purzeln seitdem die Glückwünsche nur so herein?
Gut, dass du fragst, sonst hätte ich es fast vergessen: Wo bleibt eigentlich euer Glückwunschkorb? In der schnöden Realität ist es eher so, dass die Hotlist außerhalb des Literaturbetriebs doch noch ziemlich unbekannt ist.

Auch das Medienecho ist durchweg positiv. Hast du damit gerechnet? Deine Hauptfigur Nina Krone ist ja eher ein Antityp, also keine potenziell beste Freundin, ganz zu schweigen von der mürrischen ollen Scholz. Also, ich hätte beide sehr gerne als Freundinnen! Und während des Schreibens streife ich jede Phase, von: „Das ist ganz großer Mist!“ bis „nobelpreisverdächtig!“ Spannend, wie es dann wirklich aufgenommen wird. Und großartig, dass das Buch von so vielen gemocht wird und auch die Sprache nicht als banal, sondern als klar empfunden wird. Davor hatte ich während des Schreibens Angst.

Hast du durch den Zynismus deiner Protagonisten einen Nerv bei vielen Lesern getroffen? Ich denke, dass es nicht der Zynismus, sondern die Ehrlichkeit der Figuren ist, die ins Herz trifft. Auch die Ehrlichkeit zu erkennen, dass das Leben überhaupt nicht so ist, wie man es sich mal gedacht hat, aber dass es trotzdem ganz o. k. ist. Das empfinden die Leser vielleicht als ganz tröstlich.

Du arbeitest an einem neuen Buch. Gibt es ein Wiedersehen mit Nina? Im Moment arbeite ich an einem Jugendroman, der in Berlin-Schöneberg spielt und den Arbeitstitel  „WIR:HIER“ trägt. Es ist eine völlig andere Arbeit als bei „Eine Tonne für Frau Scholz“ und sehr spannend. Es macht mir riesigen Spaß, mich in eine andere Generation zu versetzen und ein für mich ganz neues Genre auszuprobieren. Danach plane ich tatsächlich eine Fortsetzung. Aber nicht mit Nina, sondern mit Frau Scholz, denn die hatte ja auch ein Leben vor der Tonne.

Interview: Roberto Manteufel

Sarah Schmidt „Eine Tonne für Frau Scholz“, 09.09., 20:30, Fahimi, fahimibar.de

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