Nachruf

Reimar Lenz ist tot

11. Sept. 2014
Reimar Lenz (c) Tanja Schnitzler

Der Publizist, Aktivist und Lebenskünstler hinterlässt eine schmerzliche Lücke

„Ich war ja nicht besonders gut in irgendwas, weder Atomphysiker noch Superpolitiker noch Superjournalist, sondern ich war einfach ehrlich und flott und neugierig. Und da hab ich mich dann durchgehungert durch Jahrzehnte.“ So lautete die selbstironische berufliche Bilanz von Reimar Lenz im DU&ICH-Interview 2012. Dabei war er durchaus ein guter und investigativer Schreiber. Seine Veröffentlichung von 1967, „Der Massenmord an Homosexuellen im Dritten Reich“, fand in den letzten Jahren erneut Beachtung. Der Text gilt (nicht nur) dem Holocaust-Museum in Washington als Pionierarbeit. Bescheiden sagte Lenz dazu: „Das wurde von besseren Historikern, die mehr Möglichkeiten hatten, übernommen, höchst anständig honoriert und man hat immer dazu gesagt: Herr Lenz, Sie haben damit angefangen!“

Beeindruckend ist Lenz’ jahrzehntelanges Engagement als Aktivist der Homosexuellenbewegung wie auch sein politischer Einsatz, ob es nun gegen Franz-Josef Strauß, Ronald Reagan oder Papst Benedikt zu demonstrieren galt. Egal ob beim CSD oder in anderem Rahmen. Regelmäßig versammelte Lenz auch in seinem privaten politischen Salon die unterschiedlichsten Menschen in seiner kleinen Wohnung. Israelische Friedensbewegte, hochgestellte Palästinenser, Flüchtlinge aus Pakistan oder Persien, Verfolgte und aus Diktaturen Geflüchtete … Lenz war es ein Anliegen, die unterschiedlichsten Auffassungen an einen Tisch zu bringen – es war sein persönlicher Beitrag zur Weltpolitik.

Die mehr als 40-jährige Beziehung zu seinem Partner Hans Ingebrand kommentierte er so: „Letzten Endes war es doch ein Glückstreffer“. Seit 2001 waren die beiden verheiratet. Ein Foto vor dem Standesamt zeigt die frisch Getrauten. Dieses Motiv war das Filmplakat für die Dokumentation „Die Aussteiger“ über Lenz und Ingebrand, die im Rahmen der Langzeitprojektes „Berlin - Ecke Bundesplatz“ entstand. Durch die Filmreihe wurde er einem größeren Personenkreis als humorvoller und blitzgescheiter intellektueller Lebenskünstler bekannt. Und der wird nicht nur am Bundesplatz fehlen. 

Frank Hermann

Reimar Lenz, (* 5.7.1931 Berlin † 26.8.2014 Berlin)

*Der Massenmord an Homosexuellen im Dritten Reich. In: Willhart S. Schlegel (Hrsg.): Das grosse Tabu. Rütten und Loening, München 1967

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