Bühne

Premiere und Geburtstag im Chamäleon

15. Sept. 2014
Voller Körpereinsatz zwischen den Antennen des Theremins (ein um 1920 entwickeltes elelektronisches Musikinstrument): Iza Mortag Freund führt mit einer Mischung Punk und feengleichem Gesang durch den Abend © Andy Phillipson

„10 Jahre Chamäleon – das hört sich gar nicht so alt an“, sagt die künstlerische Leiterin des Chamäleons Anke Politz nach der Show auf der Bühne. Und doch ist es durchaus eine Leistung, ein kulturelles Unternehmen wie dieses über diesen Zeitraum erfolgreich am Laufen zu halten. Und das liegt mit Sicherheit auch daran, dass das Chamäleon eben immer schon jung war und das auch geblieben ist, wie die aktuelle Produktion „Crossroads“ zeigt, deren Premiere am 14. September gemeinsam mit dem Jubiläum gefeiert wurde.

In einem äußerst schlichten Bühnenbild treffen die Protagonistinnen und Protagonisten aufeinander; wie zufällig und doch scheinen sie einander vertraut. Sie sind Fremde in einer Stadt und ihre Unterschiedlichkeit macht sie zu Verbündeten, so scheint es. Die minimale Handlung bildet gemeinsam mit dem Gesang der ebenso etwas entrückt wirkenden Iza Mortag Freund den Rahmen. Die Dänin bringt eine angemessene Verrücktheit in die Show: Mal ist sie Rock-’n’-Roll-Barbie, die das Theremin fast zum Glühen bringt, mal kreischender Punk, mal eine verruchte Dirne mit dazu passenden Brech/Weill-Liedern wie „Surabaya Johnny“ und „Nannas Lied“. Sie verbindet die artistischen Nummern und schafft es trotz ihrer Extrovertiertheit, diese nicht zu überdecken. Die Artistinnen und Artisten formieren sich wie selbstverständlich als die von ihr angeführte Band, spielen Gitarre, Bass, Trompete, Akkordeon und Glockenspiel – ein durchaus ungewohntes Bild, wenn die muskelbepackte Freyja Edney zur Klarinette greift. Zugegebendermaßen hat sie die Reifen wesentlich besser im Griff und macht einfach eine echt gute Figur mit dem einen oder anderen Mann auf ihren Schultern. Das Ensemble stimmt: Peter Ahberg, Luca Forte und Scott Grove sorgen für jede Menge Aha-, Oho- und auch Hihi-Momente. Dazu kommt noch die bezaubernde Saara Ahola. Ein schöner Abend: sehr unterhaltsam, sehr modern, sehr Berlin.

Christina Reinthal

„Crossroads”, bis 22.02.2015, Di.–Do., Chamäleon Theater. Ein Bericht über das Stück und das Jubiläum gibt es in der September-Ausgabe der Siegessäule, auch online hier zum Nachlesen

Das Siegessäule Logo
Das Branchenbuch mit Haltung
Queer. Divers. Überzeugend.