BÜHNE

Showtime mit Gaststars

17. Sept. 2014
Die schöne Courtney bei ihrem Berlin-Debüt (c) J. Jackie Baier

„Drag Race“-Finalistin Courtney Act verzauberte das Berliner Publikum im Hamburger Mary's

17.09. – In der Lobby des Axel Hotel Berlin findet man das Hamburger Mary's. Die Restaurantkette hat in den Staaten Tradition – und Dragqueens gehören zum Konzept. In Amerika bedienen sie die Gäste und stehen zusätzlich noch auf der Bühne. In Berlin hingegen werden die leckeren Burger-Menüs vom Personal serviert und die Dragqueens beschränken sich auf das Show Programm. Mittlerweile setzt das Management dabei nicht nur auf Berliner Größen wie Kaspar Chamäleon, sondern bucht immer wieder amerikanische Stars.

Am Samstag trat Courtney Act das erste Mal in Berlin auf. Sie war eine der drei Finalistinnen bei „RuPaul's Drag Race“. In der sechsten Staffel der erfolgreichen amerikanischen Fernsehshow überzeugte Courtney Act nicht nur mit ihrem Gespür für Glamour und durch umwerfendes Aussehen, sondern auch mit einer ausgezeichneten Gesangsstimme. Diese bewies sich auch als ihr größtes Kapital: Trotz des katastrophalen Sound-Systems präsentierte sie eine perfekte Show. Siegessäule Redakteurin Kaey traf  sie auf einen Plausch.

Obwohl dein Vater aus Offenbach stammt, warst du noch nie in Deutschland, hast aber bei deiner Bühnenshow angedeutet, dass du dich über Berlin informiert hast? Was bedeutet Berlin für dich? Irgendwie fühlt es sich an, als würde ich meinen Wurzeln näherkommen. Meine Großeltern siedelten nach Australien um, als mein Vater sieben Jahre alt war, und sie waren typisch deutsch. Meine Oma zum Beispiel polierte sogar die Blätter ihrer Zimmerpflanzen. Mein Vater hingegen ist das totale Gegenteil. Er ist sehr warmherzig und auch progressiv und genau das verbinde ich mit Berlin. In gewisser Weise steht es für Revolution und ist das Gegenteil von typisch deutsch.

Du hast ein sehr enges Verhältnis zu deiner Familie. Wie stehen sie zu deiner Karriere als Dragqueen? Sie haben oft meine Shows besucht und es akzeptiert. Aber es war für sie immer irgendwie ein Teil meiner Welt. Nachdem ich  2003 bei „Australian Idol“ (die australische Version von DSDS)  aufgetreten bin, kannte mich plötzlich die ganze Welt, und sie waren auf einmal die Eltern von Courtney Act, der Teilnehmerin einer Castingshow. Das hat sie sehr stolz gemacht.

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Kaey und Courtney beim Talk (c) J. Jackie Baier

Zufälligerweise bist du ausgerechnet hier während des Folsom-Wochenendes. Und das Axel Hotel liegt ja mitten in der Einflugschneise des Straßenfestes. Was ist dein Fetisch? Ich suche noch danach. Deshalb bin ich ja in Berlin. Es könnte aber auch sein, dass ich darauf stehe, Frauenkleidung zu tragen ...

Macht es dich denn an, wenn du Frauenkleidung trägst? Es macht mich nicht direkt an. Aber es macht mich an, wenn es jemanden anmacht, dass ich Frauenkleider trage.

Machst du auch mit Männern rum, wenn du in drag unterwegs bist? Ja. Doch das war nicht immer so. Bei „RuPauls Drag Race“ habe ich Chaz Bono, den transidentischen Sohn von Cher, kennengelernt und wir haben uns angefreundet. Wir haben viele Nächte über Sexualität und Geschlecht gesprochen. Früher war drag für mich wie eine Art Arbeitskleidung. Courtney Act war eine Rolle. Doch Chaz machte mir klar, dass es vielleicht nicht nur ein Kostüm ist. Die Tatsache, dass ich gerne in Frauenkleidern auftrete ist etwas Tiefergehendes, denn es ist meine Art, mich auszudrücken und somit ein Teil von mir. Es hat eine Weile gedauert bis ich mich wirklich mit meiner weiblichen Seite angefreundet habe und damit völlig im Reinen bin.

Neben der Tatsache, dass du mittlerweile mit dem Sohn von Cher befreundet bist. Was hat dir „Drag Race“ gebracht? Es hat wirklich Spaß gemacht dabei zu sein. All die anderen Dragqueens kennenzulernen gehört zu den Highlights in meinem Leben. Denn wir sind wirklich gute Freunde geworden. Mit Bianca Del Rio, Adore Delano und Darianne Lake texte ich jeden Tag. Interessanterweise kam das in der Sendung gar nicht so rüber. Wir haben immer Witze darüber gemacht, dass es die harmonischste Staffel werden wird, weil wir uns alle so gut verstanden haben. Doch in Wahrheit hat uns das Produktionsteam bestimmte Rollen zugewiesen und die Ausschnitte genau dazu passend zusammengeschnitten. RuPaul meinte in einer Sequenz einmal, er vermisst bei mir Menschlichkeit. Das hat mich sehr überrascht. Denn dass ich nicht menschlich genug wirken würde, war das Letzte was ich von mir gedacht hätte. Doch als ich dann die Show gesehen habe, wurde es mir klar: Es ist nun mal Entertainment! Ausserdem habe ich dadurch die Chance bekommen, die ganze Welt zu bereisen und endlich nach Deutschland zu kommen.

Kaey

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