BÜHNE

„La Cage aux Folles“-Premiere im Potsdamer Hans Otto Theater

9. Nov. 2014
Ich bin, was ich bin ... Bernd Geiling als Albin/Zaza (c) HL Böhme

Gleich vorweg: Diese Inszenierung von „La Cage aux Folles“ (Premiere am 7.11.) ist den Weg nach Potsdam wert. Es ist eine gelungene Stadttheater-Sause im allerbesten Sinne. Auch wenn der erste Teil noch etwas behäbig daherkommt: Nach der Pause nehmen die Irrungen und Wirrungen des komödiantischen Musicals erheblich an Fahrt auf. Die Charaktere überzeugen ohnehin. Das zu transportierende Quantum an Gemenschel und Mainstreamabsurdität wird gekonnt an die Frau und den Mann gebracht. Die Geschichte von Albin und Georges, die um ihre Liebe kämpfen müssen, als ihr gemeinsamer Sohn die Tochter des erzkonservativen Politikers Dindon heiraten will, findet auch dieses Mal ihr verdientes Happy End. Da drückt man eben ein Auge zu, wenn die Antidiskriminierungsbotschaft, aktualisiert mit AfD- und CSD-Anspielungen, für Insider doch arg plakativ ist.

Der Abend ist vor allem der Triumph für den Zaza-Darsteller Bernd Geiling. Er beherrscht die Szene, ohne Rampensau zu sein, einzig durch seine Präsenz, ob nun in der Verletzlichkeit des verleugneten Muttertiers oder mit der Spitzfindigkeit der erfahrenen Bühnen- und Lebensdiva. Zudem begeistert diese Zaza auch mit gesanglichen Qualitäten. Raphael Rubino als Zazas/Albins Gefährten hat es dagegen schwer, aber da die Chemie zwischen diesen Figuren – und Darstellern – offenbar stimmt, trägt er dank seines Teddy-Charmes einen nicht unerheblichen Teil zum Gelingen bei.    

Die Cagelles sind in Potsdam eher ein Typen-Ensemble als eine bildschöne Girlreihe, aber das wirkt in der Nichtperfektion sehr sympathisch, wie es sich überhaupt positiv auswirkt, dass eben kein Musicalensemble auf der Bühne steht, sondern hauptsächlich DarstellerInnen aus einem Spartenhaus. Da wird beim Can Can dann auch gar nicht erst auf großes Ballett gemacht, sondern eher auf Klamauk, was sich als viel effektiver erweist.

Jacob (Musicaldarsteller Anthony Kirby), Butler alias Zazas Zofe Claudine, ist im Vergleich zu anderen, weitaus exaltierteren Interpretationen der Rolle fast zahm. Er balanciert geschickt auf dem schmalen Grat zum Klamottigen und überzeugt nicht zuletzt durch die Vielseitigkeit seiner „außerplanmäßigen“ Gesangseinlagen. Durchaus ein weiterer Gewinn für diese Inszenierung.       

Frank Hermann

„La Cage aux Folles“, nächste Termine: 14., 15., 16. u. 30.11.

Hans Otto Theater

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