Film

Poesie und Porno beim Berlin Art Film Festival

2. Dez. 2014

– Mit existentialistischen Punk-Opern, filmischen Camp-Manifesten oder Kunstpornos sucht das Berlin Art Film Festival nach den eher eigenwilligen, wilden Perspektiven auf diese Stadt. Auch aufgrund der hier präsentierten KünstlerInnen und FilmemacherInnen wie Tilda Swinton, Bruce La Bruce oder Susanne Sachsse fallen diese nicht selten ziemlich queer aus. Los geht’s am 4. Dezember im Kreuzberger fsk Kino. Zusammen mit seinem Team hat Kurator Toby Ashraf das viertägige Festival ganz ohne Fördergelder und Sponsoren auf die Beine gestellt. Die Filme eint nicht nur ihre unkonventionelle Machart, sondern auch ganz konkret ihre Auseinandersetzung mit Kunst, wie Toby erklärt: „Manche der Filme verhandeln ganz explizit und oft witzig den Berliner Kunstmarkt. Andere sind wiederum gar nicht ursprünglich fürs Kino gemacht, sondern als Installationen in Theatern oder in Galerien gezeigt worden. Und schließlich erinnern viele der Filme an Fotografien und Gemälde und verweisen damit auf wunderbare Art auch auf andere Kunstformen.“

Eines der Programmhighlights ist die Weltpremiere von „The Coat“ mit Brian Claflin, dem in diesem Sommer verstorbenen Veranstalter der legendären „Pork“-Party im Ficken 3000. Eine poetische Filmfantasie, in der Brian als eine Art Eremit zu sehen ist, der durch die Wälder wandelt. Im Vorprogramm läuft der von ihm selbst inszenierte Kurzfilm „Moths around the flame“, in der er zu den Klängen von Marlene Dietrichs „Falling in love again“ in einem Darkroom umherstreift. Dieser „Bohemien“ des Berliner Nachtlebens hätte heute am 02.12. seinen 34. Geburtstag gefeiert. Für Toby, der als Produzent für „The Coat“ einsprang, ist es auch ein persönliches Anliegen, den Film zu zeigen: „Brian war eine Person, die mir sehr viel gegeben hat. Seine Schamlosigkeit, sein befreiter Umgang mit Sexualität waren auch für meine Identität bestimmend. Er war ein funkelnder Stern hier in Berlin – kein unkomplizierter –, aber mit einem riesigen Herz. Die Filme ‚The Coat‘ und ‚Moths around the flame‘ zeigen ihn nun als den tollen, passionierten Künstler und Performer, der er eben auch war.“ Direkt aus dem Schneideraum kommt „The Coat“ in den Kinosaal. Jede Menge Filmmaterial musste dafür innerhalb der letzten Wochen digitalisiert, neu geschnitten und vertont werden.

Brian Claflin in „Moths around the flame“

Zu sehen gibt es aber nicht nur Brandneues, sondern auch Klassiker wie den Cazzo-Porno „bONKING bERLIN bASTARDS“, der zu den ersten schwulen Punk-Pornos gehörte und auch einige Berliner Transen wie Linda von Tennstaedt auffährt. Während auf der Leinwand ein Haufen Punks und als Punks verkleideter Profis auf den Dächern Berlins rumficken, soll das Kinopublikum mit Vodka abgefüllt werden, es gibt eine Performance und die FestivalmacherInnen sprechen die Dialoge live ein.

Deutschlandpremiere feiert Sabine Lidls neue Doku „Nan Goldin – I remember your face“ über die US-amerikanische Starfotografin, die in den 80ern auch die Westberliner Underground-Szene um Wolfgang Müller und Die tödliche Doris dokumentierte. Die Regisseurin wird anwesend sein, überhaupt werden zu jedem Screening Gäste aus den Filmteams erwartet.

Begleitet wird das Berlin Art Film Festival von zwei Partys im Südblock. Am Samstag treten das Berliner Chanson-Duo Princessin Hans auf, und der israelische Künstler Tomer Zirkilevich zeigt eine extra fürs Festival entworfene Tanzperformance. Als Loop-Screenings werden u. a. Cynthia Beatts „The Party – Nature morte“ mit einer jungen Tilda Swinton an die Wand projiziert. Zum DJ-Lineup gehören SNAX und Lavender Wolf. Bei der Abschlussparty am Sonntag legen dann Steev Lemercier und LCavaliero Mann auf.

„Berlin Art Film Festival", 04.-07.12, fsk Kino, Programm und Infos unter berlinartfilmfestival.de

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