Szene

Was macht eigentlich ... das Melitta Sundström?

8. Jan. 2015
Bernhard Sachse, Besitzer des Lokals „Melitta Sundström“ am Mehringdamm

Als 2013 das SchwuZ nach Neukölln und das Schwule Museum* nach Tiergarten zog, prophezeiten viele das Ende des Homo-Hotspots um den Mehringdamm. Wir haben bei Sundström-Inhaber Bernhard Sachse nachgefragt, wie sich sein Laden und der Bergmann-Kiez seitdem verändert haben

Bernhard, wie läuft das Melitta ohne SchwuZ? Wenn ich auf den Umsatz schaue, fast besser als mit. Früher haben wir die Woche über ja schon ohne SchwuZ gelebt. Freitags und samstags ist es ruhiger geworden, aber dafür hab ich bis drei oder vier Uhr morgens eine schöne, stimmungsvolle Atmosphäre, kann dann Feierabend machen und muss nicht bis sieben Uhr durchhalten. Zum Schluss war es ja auch oft so, dass die Leute ins SchwuZ durchgegangen sind und im Melitta war es kalt und ungemütlich.

Es gibt also keine Nachteile? Na ja, dieser Andrang von hübschen und interessanten Leuten zu SchwuZ-Zeiten war natürlich ein Eyecatcher, aber einen Nachteil hat der Wegzug für mich nicht gehabt.

Hast du an der Einrichtung was verändert? Bisher nicht. Diese dunkle Atmosphäre ist der Bringer, gerade bei jungen Leuten. Viele von denen glauben, dass sich hier seit 30 Jahren nichts verändert hat. Dabei war die letzte Renovierung vor sechs Jahren. Aber gerade diesen Anschein einer aus den 70er-Jahren übrig gebliebenen Studentenkneipe finden die Leute interessant. Vor allem gegenüber den Läden in der Bergmannstraße, wo überall Kronleuchter hängen und alles schick und hell ist.

Aber hier ist es schon ganz schön dunkel … Da halte ich es mit „Pigalle, Pigalle, der Puff ist keine Lesehalle …“. (lacht) Die Leute sollen hier nicht lesen, die sollen rumschmusen und sich wohlfühlen.

Die ehemaligen SchwuZ-Räume nutzt jetzt der Bang Bang Club. Wie läuft‘s? Hauptsächlich kommt da ein sehr spezielles, vor allem englischsprachiges Publikum. Meist spielen irgendwelche Indie-Rock-Bands. Mir gefällt das, aber Rock läuft hier nicht so gut. Im Schnitt kommen gerade einmal 30, 40 Leute. Das ist also mit dem SchwuZ vorher nicht vergleichbar. Es ist eben eine spezielle Musik und so was ist immer schwierig.

Was ist mit den ehemaligen Räumen der AHA und des Schwulen Museums*? In die AHA-Räume im zweiten Stock ist das Freudenzimmer gezogen. Die kommen von den Ritterhöfen am Moritzplatz und veranstalten verschiedene Partys, auch in der Woche. In der Lettrétage im Parterre, wo das Schwule Museum* drin war, gibt es jetzt Lesungen und Partyreihen. Das läuft ganz gut. Das Publikum ist gemischt, viele gehen danach auch rüber ins Rauschgold.

Hat sich der Mehringdamm ohne SchwuZ verändert? Eigentlich kaum, es ist ja nach wie vor eine recht schwule Gegend hier, und die drei, vier verbliebenen Szeneläden ziehen die Leute immer noch an. Ich hatte natürlich meine Bedenken, als das Schwuz wegging, aber in der Bergmannstraße oder auf dem Tempelhofer Feld findet so viel statt – fast jedes Wochenende ist hier oder in der Umgebung irgendwas los.

Interview: Andreas Marschner

Melitta Sundstöm

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