Berlin

Homophober Hintergrund für Mord in Berlin-Mitte vermutet

14. Apr. 2015
Gedenken an Yosi Damari vor der Klosterruine in Berlin-Mitte @ Maneo

– Am Abend des Ostersamstags wurde der 22-jährige Israeli Yosi Damari brutal durch Tritte gegen seinen Kopf getötet. Am nächsten Morgen entdeckten Fußgänger seine Leiche mit entstelltem Gesicht auf dem Gelände einer Klosterruine in der Nähe des Alexanderplatzes.  

Die BZ vermutete am Samstag in einem Bericht, dass Yosi Damari Opfer eines homophoben Gewaltverbrechens geworden sei. Er habe über soziale Netzwerke Kontakt zu schwulen Männern gesucht und in dem Hostel möglicherweise „auch die Nähe zu seinem späteren mutmaßlichen Mörder“, der ihn dann „abgewiesen und brutal getötet“ habe.

Nach der Tat soll der mutmaßliche Täter, ein 28-Jähriger aus Albanien, das Hostel ohne persönliche Sachen übereilt verlassen haben. Die Berliner Behörden hatten ihn mit europäischem Haftbefehl gesucht. Am vergangenen Freitag konnten sie ihn in Tschechien festnehmen. Er schweigt zu den Vorwürfen.

Bisher dominierte der Verdacht, der Israeli sei Opfer einer antisemitischen Gewalttat geworden. Vor dem Hintergrund des BZ-Berichts forderte der Leiter des schwulen Antigewaltprojekts MANEO, Bastian Finke, die Berliner Polizei auf, „rückhaltlos der Frage nachzugehen, ob der Ermordete möglicherweise Opfer eines homophob-motivierten Hassverbrechens geworden sein könnte“. Finke sagte gegenüber SIEGESSÄULE.DE: „Die Polizei nimmt unseren Hinweis ernst und wird auch dieser Spur nachgehen.“ Dadurch könne man zudem mögliche Zeugen ermutigen, sich zu äußern. Laut Finke gebe es bei der Ermittlung von antisemitischer und homophober Hasskriminalität aber grundsätzlich eine hohe Dunkelziffer, unter anderem auch weil die Polizei solche Hinweise leider nicht immer berücksichtige.

Auf Nachfrage von SIEGESSÄULE.DE sagte ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, die Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Täter erlassen und die Ermittlungen von der Berliner Polizei übernommen hatte, zu den Spekulationen um den Hintergrund der Tat: „Dazu äußern wir uns nicht.“ Es gebe noch keine Hinweise auf das Motiv. „Wir ermitteln in alle Richtungen.“ Insofern bleibt abzuwarten, ob sich der Verdacht erhärtet. 

Yosi Damari war laut israelischen Medien erst vor einem Monat nach Deutschland gekommen, zunächst nach Köln, erst wenige Tage vor seiner Ermordung nach Berlin. Einen Tag vor seinem Tod hatte er die israelische Botschaft besucht und um Hilfe gebeten, weil er kein Geld und keinen Schlafplatz hatte. Auch im Zentrum des jüdisch-orthodoxen Bildungsvereins Chabad am Alexanderplatz, das sich im gleichen Haus wie das Hostel befindet, bat er um Hilfe. Der Leiter des Zentrums konnte ihm ein Zimmer im Hostel vermitteln und lud ihn zum Abendessen zum jüdischen Pessach-Fest am Samstag abend ein. Yosi Damari hatte zugesagt, sei dann aber nicht erschienen, sagte die Sprecherin des Chabad-Zentrums.

Am Sonntag gedachten 100 Menschen Yosi Damari in einer Mahnwache an der Klosterruine. Dazu aufgerufen hatte der Leiter des jüdischen Studentenzentrums, Mike Samuel Delberg. Er sagte: „Da er weder Verwandte noch Freunde in Berlin hatte, liegt es an uns, ihm die letzte Ehre zu erweisen.“

Maritine Donath

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