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25 Jahre LSVD – Für Respekt und Vielfalt

25. Apr. 2015
SVD-Geschäftsführer Eduard Stapel im Sommer 1990 vor der Geschäftsstelle im Haus der Demokratie in Leipzig, Foto aus Magnus Nr. 8, 1990

An diesem Wochenende feiert der LSVD auf einem Verbandstag in Berlin sein 25-jähriges Bestehen. Anlässlich des Jubiläums wirft SIEGESSÄULE-Autor Dietmar Kreutzer einen Blick zurück auf die Vereinsgeschichte

Die Wurzeln des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) reichen bis ins Frühjahr 1990 zurück. Am 18. Februar ist im Kulturhaus der Nationalen Front der „Heldenstadt Leipzig“ der Schwulenverband in der DDR (SVD) gegründet worden. Ein vierköpfiger Sprecherrat wurde gewählt und eine Satzung beschlossen. Im vorläufigen Programm standen Forderungen wie die Zulassung von Zeitschriften für Schwule und ein verfassungsmäßiges Diskriminierungsverbot. Wenige Monate später schien der kleine Verband mit zunächst 81 Mitgliedern allerdings schon wieder vor dem Aus zu stehen. Geschäftsführer Eduard Stapel seinerzeit: „Hier im SVD-Büro klingelt ständig das Telefon, man bittet uns um Partnervermittlung, Info-Materialien, Auskünfte über Veranstaltungen oder Hilfe in anderen Fragen. Umsonst natürlich! Sprechen wir jedoch die Anrufer darauf an, dass das Büro Geld kostet und auch hier die Arbeitenden nicht von Luft und Liebe leben können, reagieren sie völlig verständnislos.“

In dieser schwierigen Situation kam Aufbauhilfe aus dem Westen gerade recht. Günter Dworek, mit acht anderen Aktiven später zum Verbandssprecher gewählt, erinnert sich: „Volker Beck und ich waren im Juni 1990 bei einem Besuch in Leipzig einer öffentlichen Aufforderung von Eduard Stapel gefolgt und in den SVD eingetreten. Im Laufe der Monate gab es mehrere Treffen von SVD-Aktiven und bürgerrechtsorientierten Westdeutschen. Man lernte sich kennen und schätzen.“

Die Leute aus dem Westen waren enttäuscht von den internen Richtungskämpfen des 1986 gegründeten Bundesverbandes Homosexualität (BVH), die eine effektive Arbeit zunehmend verhinderten. Im SVD schien alles anders zu sein. In einem offenen Brief, der auf dem 2. SVD-Verbandstag im Dezember 1990 beschlossen wurde, hieß es, das vereinigte Deutschland gehe aufgrund der internen Blockaden als schwulenpolitisches Entwicklungsland in die 90er Jahre: „Wir, der Schwulenverband in Deutschland, sind angetreten, das zu verändern. Unser Ziel ist es, gleiche Menschen- und Bürgerrechte endlich auch für Schwule zu erkämpfen.“

Die ersten großen Aktionen fanden gegen den „Homosexuellenparagrafen“ 175 des Strafgesetzbuches (StGB) statt. Am 29. Juni positionierte sich der SVD erstmals in der Bonner Pressekonferenz dazu, gemeinsam mit dem BVH. Beide Verbände sammelten Unterschriften für die ersatzlose Streichung des Paragrafen bzw. die Übernahme der DDR-Regelungen (1988 war der Paragraf 151, der in der DDR gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen mit Jugendlichen sowohl für Frauen als auch für Männer unter Strafe stellte, ersatzlos gestrichen worden) in gesamtdeutsches Recht. Ein Appell des SVD an die DDR-Volkskammer folgte. Der Erfolg: Im Einigungsvertrag ist § 175 StGB nicht auf die neuen Länder übertragen worden. Am 11. Juni 1994 wurde er schließlich ganz aus dem bundesdeutschen Strafgesetz gestrichen.

Nach einem Aufruf des SVD bestellten am 19. August 1992 bundesweit 250 schwule und lesbische Paare in den Standesämtern ihr Aufgebot. Prominentestes Paar: Hella von Sinnen und Cornelia Scheel. Damals hatte der SVD sechs Landesverbände und 500 Mitglieder. Zum Ausbau dieser Basis gab es 1996 spektakuläre, gleichzeitig heftig umstrittene Aktionen: Auf 100.000 CSD-Broschüren mit einer Foto-Lovestory der Zigarettenmarke „West“ waren auf dem Rücktitel Beitrittsformulare des SVD abgedruckt - sponsored by Reemtsma. Zum bislang größten Erfolg wurde das nach der Bundestagswahl 1998 zwischen SPD und Grünen vereinbarte Rechtsinstitut der „Eingetragenen Partnerschaft“. Der SVD hatte mit Trommelfeuer und gegen viel Widerstand wesentliche Homo-Rechte erkämpft!

In diesem Zusammenhang stand auch das seit der Verbandsgründung wichtigste Ereignis, die Entwicklung zum Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD). Günter Dworek: „Im Dezember 1998 war eine Initiative lesbenpolitisch engagierter Frauen mit einem ‚Aufruf an alle Lesben, die sich eine wirkungsvolle Politik für unsere Rechte auf Bundesebene wünschen‘ an die Öffentlichkeit getreten. Hauptziel war, insbesondere den Kampf um die Lebenspartnerschaft auf Augenhöhe mitzugestalten. Der SVD-Bundesvorstand griff den Ball auf und lud offensiv zur Mitarbeit ein. Der 11. Verbandstag am 6. und 7. März 1999 beschloss dann in Köln mit großer Mehrheit die Umgründung. Halina Bendkowski, Dorothee Markert und Ida Schillen wurden die ersten Frauen im LSVD-Bundesvorstand.“

Inzwischen hat der LSVD etwa 4.200 Mitglieder, darunter 115 Mitgliedsorganisationen wie Fachverbände, örtliche Vereine, Projekte oder Unternehmen aus der Community. Der Frauenanteil liegt bei 38 Prozent – mit steigender Tendenz. Heute umfasst der Kampf um Gleichstellung ganz neue Themen, zum Beispiel der Einsatz für homosexuelle Flüchtlinge und Asylsuchende. Das Adoptionsrecht bleibt auf der Agenda, ebenso öffentlichkeitswirksame Aktionen gegen Homophobie und Hasskriminalität.

Dietmar Kreutzer

lsvd.de

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