Berlin

Was macht eigentlich ... Pari Roehi?

2. Juni 2015
Pari Roehi @ Josef Wolfgang Ohlert

SIEGESSÄULE im Gespräch mit Pari Roehi über ihre Erfahrungen mit „Germany's next Topmodel“ und die Zeit danach

– Pari Roehi, 26, wurde bekannt als erste Trans*frau bei „Germany’s next Topmodel“. Sie war bei der letzten Staffel dabei, musste die Sendung aber bereits im Februar wieder verlassen. SIEGESSÄULE sprach mit Pari über ihre Erfahrungen mit der Show und die Zeit danach

Pari, du bist vor drei Jahren von Amsterdam nach Berlin gezogen. Was hat dich hierher verschlagen? Das war eigentlich gar nicht geplant. Ich war mit ein paar Freunden in Berlin und habe mich sofort in die Stadt verliebt. Als wir dann zurückfahren wollten, ist das Auto kaputtgegangen, und ich musste länger bleiben. Einige Zeit später habe ich meinen jetzigen Freund kennengelernt, und dann war es endgültig klar, dass ich bleibe.

Was hast du vor „Germany's next Topmodel“ gemacht? Ich habe nach dem Schulabschluss direkt angefangen als Hostess und Model zu arbeiten. Als ich in Amsterdam lebte, war ich für die Gästeliste im Club Jimmy Woo verantwortlich. Das machen im Grunde ja viele Trans*frauen, im Nachtleben arbeiten. 

Als du Kandidatin bei „Germany´s next Topmodel“ warst, wurde im Fernsehen eine Szene gezeigt, in der du über den Laufsteg gehst und Juror Thomas Hajo dich als Mann bezeichnet. Was hast du gedacht? Ich war sehr wütend. Erst als diese Szene ausgestrahlt wurde, hörte ich diesen Kommentar und war wirklich überrascht, denn jeder bei den Dreharbeiten kannte meine Geschichte. Thomas Hajo arbeitet seit Ewigkeiten in der Modeindustrie und hatte sicherlich nicht das erste Mal mit einer Trans*person zu tun und weiß eigentlich, wie man mit jemandem wie mir spricht. Bei einer Person, die wie eine Frau aussieht, sagt man natürlich auch sie. Ich meine, ich bin da im Bikini über den Laufsteg gegangen. Es war schon eine Enttäuschung, aber bei „Germany's next Topmodel“ geht es eben um die Show und die Einschaltquoten.

Auch in den Medienberichten wurde immer wieder geschrieben, du warst einmal ein Mann. Es war wirklich ein Schock. Ich bin es einfach nicht gewöhnt, dass man so über mich spricht. Meine Transition habe ich schon in meiner Pubertät angefangen und war im Prinzip ja nie ein Mann. Mein Freund hat mir dann aber auch noch einmal klar gemacht, dass sich solche Schlagzeilen besser verkaufen. Mittlerweile bin ich vorsichtiger geworden und bestehe darauf, dass wir jedes Interview gegenlesen.

Findest du es dennoch gut, dass du solche Interviews in Boulevard-Magazinen gemacht hast? Ja schon. Denn eines führt zum anderen. Ohne diese Interviews wäre ich nicht zur NDR Talkshow eingeladen worden, um meine Geschichte noch einmal richtig zu erzählen.

Du bist durch die Medien jetzt relativ bekannt. Wie reagieren die Leute auf der Straße auf dich? Eigentlich sehr positiv. Ich muss zugeben, dass ich am Anfang etwas Angst hatte. In der Schule als Teenager bin ich diskriminiert worden. Nachdem die ersten Artikel erschienen, habe ich mich erst einmal eine Woche lang nicht mehr aus dem Haus getraut. Doch die Menschen waren immer nur nett zu mir und wollten Fotos machen.

Nach der Sendung hast du dich bei verschiedenen Modelagenturen beworben und viele Absagen bekommen. Woran lag es? Viele haben gesagt, dass sie keine Mädels nehmen, die bei „Germany's next Topmodel“ mitgemacht haben, und einige meinten auch, es gäbe keinen Markt für Transgender-Models in Deutschland.

Hast du dafür Verständnis? Mich stachelt das nur an, etwas an dieser Situation zu ändern. Wir leben in einer Welt, in der es nun mal verschiedene Menschen gibt. Große, kleine, dicke, dünne und so weiter. Und die Modeindustrie sollte genau diese Vielfalt repräsentieren. Die Agentur Modelfabrik hat mich jetzt unter Vertrag genommen. Es war von Anfang an klar, dass sie mich nicht in irgendeine Sonderkategorie stecken. Ich bin eines von den Mädels und damit basta.

Was sind deine weiteren Pläne? Nun mit 26 ist man in der Modeindustrie ja schon eine Oma. Ich habe gerade einige Sachen fürs Fernsehen gedreht und fand das sehr spannend. Ich möchte gerne junge Leute mit meiner Geschichte inspirieren.

Möchtest du dich auch für die Trans*community einsetzen? Ich denke Sichtbarkeit ist sehr wichtig. Wenn die Menschen mich im Fernsehen sehen, verstehen sie vielleicht, dass wir auch nur ganz normale Menschen sind. Ich kann mir aber auch vorstellen direkter zu helfen. Wenn man in den Niederlanden als Kind bzw. Jugendliche eine Transition vornehmen möchte, dann gibt es in den Kliniken bzw. bei den Ärzten meist eine Ansprechperson, die dich bei diesem Prozess begleitet. Oft sind diese aber gar nicht selber trans*. Sicherlich wäre jemand wie ich dafür viel geeigneter. Wenn jemand zum Beispiel wissen will, wo man die richtigen Schuhe bekommt oder was für Kleider man anziehen soll, bin ich sicher die Richtige.

Interview: Kaey

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