Anfang Juni war endlich Inthronisierung: Nach fast drei Monaten kürte RuPaul beim Finale der siebten Staffel von „RuPaul's Drag Race“ den neuen Drag Super Star. Wieder waren mehr als ein Dutzend Dragqueens angetreten, um bei der amerikanischen Reality TV Show zu gewinnen, die mittlerweile seit  sechs Jahren läuft

Strahlende Siegerin ist diesmal die 23-jährige Violet Chachki, und schon am Tag darauf war ihre erste Single „Bettie“ bei iTunes verfügbar, ebenso das dazugehörige Musikvideo. Hier vergnügt sie sich als Domina mit diversen Jungmännern. Der Song wurde vom Mötley Crüe Drummer Tommy Lee mitproduziert und lässt Chachkis Sprechgesang nach hochmodernem Pop klingen.

Viele der Teilnehmerinnen der vergangenen Jahre haben mittlerweile Musik veröffentlicht. Die bewegt sich zwischen unerträglichem Eurotrash und angesagten Poptunes. Eine der Finalistinnen aus dem letzten Jahr, Courtney Act, präsentiert demnächst eine EP, bei der Jake Sheers von den Scissor Sisters und Sam Sparro mitproduziert haben.

So schnell wie in diesem Jahr waren die Damen allerdings noch nie. Auch die anderen beiden Finalistinnen, Ginger Minj und Pearl, waren schon am Tag nach dem Finale mit ihren Singles und Videos am Start.

Vielleicht hätte sich unser aller Lieblingswurst daran einmal ein Beispiel nehmen sollen, denn sie hat ein geschlagenes Jahr gebraucht, um dann kurz vor dem ESC am 23.5. endlich ihr erstes Album zu präsentieren. Man wundert sich, wieso das so lange gedauert hat. Schließlich hat Conchita bei keinem der 12 Songs mitgeschrieben (siehe dazu auch das Interview vom 7.3.)

www.siegessaeule.de/no_cache/newscomments/article/1840-mir-gebuehren-diese-lorbeeren-nicht.html)

Offensichtlich war das Aussuchen der passenden Songs etwas schwieriger als die Auswahl der passenden Outfits. Im Booklet zum Album werden tatsächlich die Designer zu jedem Kleid erwähnt. Musikalisch überrascht Conchita nicht wirklich. Sie bleibt ihren dramatischen Balladen treu und experimentiert kaum. Eine ausführliche CD-Kritik von Chefredakteur Jan Noll findet ihr in der aktuellen SIEGESSÄULE Seite 49.

Von der einen Österreicherin gleich zur nächsten. Am 29. Mai hat Nina Queer ihre neue Single „Hacken und Ziehen“ herausgebracht. Auf diesen musikalischen Erguss mussten wir immerhin drei Jahre warten! Auch dieses Mal arbeitet sie wieder mit DJ Divinity zusammen, und die Single ist der Vorbote für das demnächst erscheinende Album. An Nina scheiden sich ja bekanntlich die Geister. Für die einen ist sie die bekannteste Dragqueen Deutschlands und für die anderen ist sie nur die nervige Transe aus der Curry Bude. Doch man kann sagen, was man will: Erfolg hat sie definitiv. Ihre Partys laufen hervorragend, ihr Buch „Dauerläufig“ war ein Verkaufsschlager und auch zu ihrer Musik  zappelt die Szene auf der Tanzfläche. Sie schreibt ihre Songs zwar selbst, doch kann man sie nicht wirklich als Sängerin bezeichnen. Bei „Hacken und Ziehen“ ist ihre Stimme leicht verzerrt, was ja ein gängiges Stilmittel ist und der Sache dient.

Stimmliche Kapriolen sind auch nicht die Stärke von Cassy Carrington. Die Dragqueen aus Köln veröffentlicht im Juni ihr Album „SUITE 107“. Begleitet wird sie darauf vom Pianisten Herr Cosler. Sie ist keine ganz Unbekannte. Neben einer kleinen Rolle in der Fernsehserie „Dani Lowinski“ hatte Cassy einen Auftritt im Trans*film „Romeos“. Sie hat bereits mehrere Musikvideos produziert und ist in Köln ein Star. Auf der Platte sind hauptsächlich deutschsprachige Songs zu hören. Allerdings wünscht man sich hier manchmal, ihre Stimme wäre verfremdet … Vielleicht ist sie ja live eine Überraschung, wenn sie am 26. und 28.Juni im Artstorker in Charlottenburg auftritt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es eine Weiterentwicklung ist, wenn Dragqueens nicht mehr nur ihre Lippen zu den Stimmen von Whitney, Britney und Co. bewegen. Aber die Herausforderung, Stilgefühl, Glamour und visuelle Kreativität in Musik umzuwandeln, gelingt nicht immer. Gut gemeint genügt manchmal leider nicht.

kaey

Violet Chachki https://www.youtube.com/watch?v=y5QaT2Sd-OA

Conchita https://www.youtube.com/watch?v=ad_itNuL0SA

Nina Queer https://www.youtube.com/watch?v=BCrLTdNL4Xc

Cassy Carrington https://www.youtube.com/watch?v=Mek5GPBjHgw