BÜHNE

„Tortured Mind“ – Stimmen im Kopf

21. Juli 2015

Das Stück von InPulse Berlin bietet Comedy, Akrobatik, Theater, Tanz und Sound-Design – und alles so gut!

Wer sich jemals mit Psychotherapie befasst hat, wird bei dem Stück „Tortured Mind“ manches Aha-Erlebnis haben. Aber die aus der Psychoanalyse bekannte Couch ist nur das Sprungbrett in andere Dimensionen von Körper und Seele. Wer kann schon sagen, wer hierbei seltsamer ist, der Patient (Alessandro di Sazio) oder die Psychiaterin (Faon Shane), die genauso durch strange acting auffällt wie er. Letzten Endes ist auch ihr Geist gefangen und stellt sich als angekettet heraus – im wahrsten Wortsinn.

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InPulse Berlin: (v.l.n.r.) Alper Turgay, Faon Shane, Alessandro Di Sazio und Patrick Zylka (oben) © Jakob Vonau für InPulse Berlin

Die Truppe InPulse Berlin macht „zeitgenössischen Zirkus“ und gleichzeitig Theater,  verbindet dabei Akrobatik grandios mit Tanzepisoden und Soundeffekten, die zudem live erzeugt werden. Die Performer führen das zusammen in einer Meisterschaft an Synchronität. Der Moment, wenn das Ich dem Über-Ich begegnet (so kann dieses Szenario gedeutet werden), keiner weiß, wer wer ist, und das alles in einen wilden Parcours und Pas de deux übergeht, macht atemlos. Und dann  wäre da noch das Wesen – ist es gar das Es, das Unbewusste? –, das nur aus merkwürdigem und sogar bedrohlichem Klang besteht und doch irgendwie sichtbar scheint. Das Spiel mit der Fantasie tut ein Übriges zusätzlich zur ohnehin grandiosen Action auf der Bühne. Sound-Designer Patrick Zylka steuert Geräusche und Stimme bei, auch hier teilt sich alles in mehrere Ebenen: Vorne die Akteure, im Hintergrund ist er bei der Arbeit zu sehen. „Tortured Mind“ macht die Stimmen im Kopf sichtbar, fühlbar, erfahrbar.        

Das alles ist überraschend, frisch, furios und auch noch komisch, nimmt vor allem Macho-Attitüden überhaupt nicht ernst. Beim BE Festival in Birmingham gab es für diese  Leistung den Act Festival Prize. Dort wurde eine andere, etwas kürzere Version gezeigt. Jetzt sind es so kurzweilige wie anregende 70 Minuten. Gerade richtig für einen Sommerabend. Und sehr gerne darf es bald etwas mehr sein von InPulse, vielleicht eine längere Fassung mit einem noch besseren Ende. Die hochtalentierte Crew hat jedenfalls Potenzial und lässt hoffen, dass sie noch einiges auf die Bühne bringt und dies erst der viel versprechende Anfang ist.

fh

Tortured Mind, 22.07., 23.07., 24.07. und 26.07. jeweils 20:00; am 25.07. um 19:00 und 22:00, TAK Theater im Aufbau Haus, Moritzplatz

http://www.in-pulse.org

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