Kultur/Kino

Peter Kern ist tot

27. Aug. 2015
Peter Kern @ Filmgalerie 451

Der österreichische Schauspieler und Regisseur Peter Kern verstarb am Mittwoch in einem Wiener Krankenhaus. Christoph Schlingensief nannte ihn einst einen Widerstandskämpfer des Kinos. In Erinnerung bleiben wird Kern als eine der großen Außenseiterfiguren! Angetrieben von einem produktiven Weltekel wurde er nie müde, sich zu beschweren: über ein allzu regelkonformes Kino, eine geistfeindliche Empörungskultur oder das Uniformierte der schwulen Szene.

Für seinen Wunsch nach einem freien, unabhängigen Kino, nahm er es in Kauf mit geringsten Produktionsmitteln – meist ohne Filmförderung – zu drehen. Dabei entstanden exzentrische, melodramatisch überzogene Werke, die nicht selten an die Arbeiten seines Weg- und Geistesgefährten Rainer Werner Fassbinder erinnerten. Wie auch sein aktueller Film „Der letzte Sommer der Reichen“, der auf der diesjährigen Berlinale vorgestellt wurde: Eine mit beißender Ironie erzählte, grelle Kapitalismuskritik, verpackt in die manische Liebesgeschichte zwischen einer sadistischen Konzernchefin und einer Nonne.

Für Fassbinder stand er unter anderem in „Faustrecht der Freiheit“ (1975) oder „Despair“ (1978) vor der Kamera, spielte darüber hinaus für bekannte deutsche Autorenfilmer wie Werner Schroeter, Hans. W. Geißendörfer oder Christoph Schlingensief, war in Produktionen mit Stars wie Dirk Bogarde, Romy Schneider oder Udo Kier zu sehen. Peter Kern gehörte mit seinen Rollen im Film wie auf der Bühne, mit seinen zahlreichen Fernsehauftritten zu den medial ungeheuer präsenten Gesichtern, die für eine alternative, wilde und risikofreudige Kunst paradigmatisch einstanden. Mit seiner Homosexualität wie mit seiner Leibesfülle ging er dabei immer offensiv um. Gleichzeitig litt er aber auch unter der Ablehnung, die er in der Szene aufgrund seines Körpers erfuhr. Nach eigener Aussage war er permanent sehnsüchtig nach Liebe, nach Küssen, nach Berührungen. In seinen Filmen wie „Knutschen, Kuscheln, Jubilieren“ (1998) oder „Eine Handvoll Vergnügen – Crazy Boys“ (1987) griff er das Thema Homosexualität auf. Gleichzeitig unterstrich er auch im letztjährigen SIEGESSÄULE-Interview mit aller Deutlichkeit: „Mich interessiert kein ghettoisiertes Kino, das nur an einer sexuellen Richtung orientiert ist. Das hat mit dem wirklichen Leben nichts zu tun.“ Peter Kern wurde 66 Jahre alt.

Andreas Scholz

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