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Hilfe für queere Flüchtlinge

24. Sept. 2015
Stephan Jäkel

Seit Anfang Juli bietet die Schwulenberatung in der Wilhelmstraße zweimal wöchentlich Treffpunkt, Hilfe, Unterstützung, Beratung und ehrenamtliche Begleitung für LGBTI-Geflüchtete. Mitarbeiter Stephan Jäkel über die Hintergründe

Worin besteht euer Angebot für Geflüchtete? Jeden Dienstag und Freitag bieten wir mit unserer Kontakt- und Beratungsstelle für LGBTI-Geflüchtete einen offenen Treffpunkt ohne Anmeldung oder Terminvereinbarung. Hier finden sie einen geschützten Raum mit ersten Beratungsangeboten, Übersetzungshilfen, Austausch und ehrenamtlicher Begleitung. Bei Bedarf begleiten wir sie auch weiter zu AnwältInnen, psychologischen PsychotherapeutInnen oder zu anderen Beratungsstellen – wir stehen in kollegialem Austausch z.B. mit MILES, Lesbenberatung/LesMigras und Berliner Aids-Hilfe.

Wie kam es zu diesem Angebot? Seit Anfang des Jahres planen wir eine Unterkunft für schutzbedürftige LGBTI-Geflüchtete, weil sie in den Gemeinschaftsunterkünften oft massiver psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind. Aber aufgrund des Zuwachses der Flüchtlingszahlen und auch wegen der Situation auf dem Berliner Immobilienmarkt ist es schwierig, etwas zu finden. Also haben wir uns entschlossen, LGBTI-Flüchtlinge erst mal anderweitig zu unterstützen. Aber an dem Wohnthema sind wir parallel dran.

Wie wird das Angebot bisher angenommen? Wir haben noch gar nicht richtig Werbung gemacht, aber in den letzten zwei Monaten haben wir Kontakt zu ca. 50 LGBTI-Flüchtlingen gehabt, und es kommen von Woche zu Woche mehr Anfragen, meist von schwulen und trans*-Flüchtlingen.

Woher kommen die Leute?
Hauptsächlich erreichen unser Angebot gerade Menschen aus Syrien und anderen arabischsprechenden Ländern, aus dem Iran und Osteuropa. Aber auch aus dem Balkan, Südamerika oder aus Westafrika kommen LGBTI zu uns. 

Warum sind LGBTI-Geflüchtete besonders schutzbedürftig?
LGBTIs sind oft doppelt isoliert: Als Geflüchtete in einem fremden Land und weil sie innerhalb der Geflüchteten meist nicht auf Unterstützung bauen können. Manche werden massiv bedroht. Wir wollen ihnen das Ankommen erleichtern und ein niedrigschwelliges Angebot bieten, wo sie Unterstützung und eben auch Kontakte finden.

Mit welchen Anliegen kommen sie zu euch?
Das ist sehr unterschiedlich. Manche kommen vor der Registrierung beim LaGeSo und suchen Unterstützung bei der Erstantragstellung. Viele hoffen, in Berlin bleiben zu können. Manche kommen, weil sie in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind und dort physische und psychische Gewalt erleben. Manche kommen verzweifelt, weil ihr Asylverfahren – oft mit grotesken Begründungen – abgelehnt worden ist und wir sie während des Klageverfahrens begleiten sollen. Andere brauchen Übersetzungshilfen bei Briefen oder Behördenbegleitung. Manche wollen auch einfach Leute kennenlernen und wünschen sich an der Berliner Community teilzuhaben. Auch dafür wollen wir die Tür öffnen. Wir wollen auch Kontakte vermitteln zwischen Berliner*innen und Flüchtlingen.

Was kommt aus der Berliner Community?
Es haben sich schon vermehrt WGs gemeldet oder Leute, die ein Zimmer frei haben und gern LGBTI-Flüchtlinge unterstützen wollen. Da vermitteln wir gern weiter, aber natürlich müssen wir prüfen, ob die Angebote seriös sind. Wir wollen keine Leute in Abhängigkeitsverhältnisse vermitteln. Dieser Vermittlungsprozess ist aufwändig, aber er ist alternativlos.

Wie können Berliner und Berlinerinnen noch helfen?
Wir haben schon viele Angebote von Ehrenamtlichen bekommen, obwohl wir noch gar nicht dazu aufgerufen haben. Wir suchen am ehesten Leute mit Fremdsprachenkenntnissen in Arabisch, Farsi, Urdu und Sprachen aus Ostafrika. Spenden werden auf jeden Fall auch gebraucht, größere und kleinere! So können wir den Flüchtlingen mehr anbieten wie Sprachkurse, Gruppenbegegnungsangebote, Kochkurse und Freizeitaktivitäten. Manche brauchen auch individuelle Unterstützung in Notsituationen, etwa, wenn sie wochenlang auf eine Registrierung warten müssen und solange überhaupt keine Leistungen bekommen. Hier werden BVG-Karten oder Essensgutscheine benötigt.

Und Sachspenden?
Wir bauen gerade ein Kleiderkammer auf, nehmen gern Kleidung entgegen – aber gut erhaltene Kleidung, bitte keine Lumpen oder Reste. Geflüchtete kommen oft nur mit einem Rucksack oder dem, was sie auf dem Leib tragen. Das können Leute einfach am Dienstag oder Freitag an unserem Standort in Kreuzberg in der Wilhelmstraße 115 am Empfang abgeben, zwischen 14 und 18 Uhr.

Interview: Malte Göbel

schwulenberatungberlin.de

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