Peaches im Interview

Empowerment-Hymne über den Arsch

7. Okt. 2015
Peaches @ Daria Marchik

Peaches ist mit ihrem neuen Album „Rub“ am Start. SIEGESSÄULE-Chefredakteur Jan Noll im Gespräch mit der Electroclash-Ikone

Sechs Jahre sind mittlerweile vergangen seit Peaches letztem Album, dennoch war die Electroclash-Königin gerade in Berlin enorm präsent: Neben den drei im HAU debütierten Bühnenprojekten „Peaches Christ Superstar“, „Peaches does herself“ und der Renaissance-Oper „L'Orfeo“, in der sie die Hauptrolle sang, gab es Buchpräsentationen, Pussy-Riot-Solidemos, Dreharbeiten und Dj-Sets en masse. Jetzt ist ihr fünftes Album „Rub“ erschienen. SIEGESSÄULE-Chefredakteur Jan Noll hat sich mit Peaches in einem kleinen Café am Prenzlauer Berg zum Plausch getroffen, um über ihr neues Album, große Mösen und eine Empowerment-Hymne über den Arsch zu sprechen

Du warst ziemlich beschäftigt seit deinem letzten Album „I feel cream“ von 2009, vor allem mit diversen Bühnenproduktionen: „Peaches does herself“, „L'Orfeo“ und „Peaches Christ Superstar“. Hatten diese drei sehr unterschiedlichen Theaterinszenierungen einen Einfluss auf dein neues Album? Nein, überhaupt nicht. Es ging mir genau um das Gegenteil: diese Produktionen hinter mir zu lassen. Die Theatererfahrungen waren gut für mich, es war toll, sich mal auf eine andere Art und Weise kreativ austoben zu können. Vor allem bei „Peaches does Herself“ ging es darum, noch mehr over the top zu sein, als ich es als Peaches ohnehin schon bin: Ich hatte ein Theater, großes Bühnenbild, viele Leute on stage. Das ist etwas, das ich sonst live nicht haben will. Ich bin auf Tour gerne eine Piratin. Einfach auf einen Tisch springen und dem Publikum meine ganze Kraft geben. Das Theaterstück war sozusagen eine Möglichkeit, meinen Traum davon zu verwirklichen, mal etwas größeren Aufwand zu betreiben. Dann war ich aber irgendwann mit all diesen Erfahrungen durch. Ich hatte wieder Bock drauf, ein Peaches-Album zu machen.

Als „I feel cream“ rauskam, sagtest du in einem Interview, dass es dir darum ging, kein Kontrollfreak mehr zu sein, mit anderen Leuten zu arbeiten, und dass die Aufgabe für das nächste Album eine andere sei. Was war die Aufgabe für „Rub“? Eine total reduzierte Hardcore-Peaches-Platte zu machen. Ich habe mit meinem Freund Vice Cooler ein Jahr lang 10 Stunden am Tag in meiner Garage in Los Angeles an den Songs gearbeitet. In einem kleinen Raum, nur wir zwei. Das war sehr intensiv.

Es gibt ein paar Tracks über Mösen auf „Rub“. Neben dem Titelsong, der sich unter anderem mit weiblicher Ejakulation beschäftigt, gibt es „Vaginoplasty“ mit der Textzeile: „Pussy's big and I'm proud of it“. Vielleicht ist die Frage naiv aber haben manche Leute wirklich ein Problem mit großen Pussys? Warum brauchen Mösen immer noch eine Lobby? Eine Muschi hängt nicht raus, man muss sie erstmal erforschen. Das sind genau die Fragen, die in Tracks wie „Vaginoplasty“ angesprochen werden. Es gibt so viele Songs über große Schwänze, dicke Titten, dicke Ärsche. Aber bisher gab es noch keinen über große Mösen. Ich wollte aber einfach nur die großen Mösen feiern. Klar ist das ein bißchen überzogen und lächerlich, aber die Frage dahinter ist ernst gemeint: Warum sollte eine Frau die Größe ihrer Vagina verändern, wenn es doch eine Menge Toys und Sachen gibt, die das auch ohne Operation ausgleichen können.

Lustig, vor ein paar Tagen hat mir ein Heterofreund erzählt, dass er und seine Freundin beide Viagra nehmen, weil es ihre Muschi dick macht. Es macht ihre Klit dick.

Nein, ihre ganze Muschi. Überall dort, wo Blut hinein fließen kann, wird sie dick. Ich finde es total spannend, dass Viagra so bekannt ist und so einfach zu kriegen. Und was ist bitte mit Frauen nach der Menopause? Da gibt es nicht so einfach irgendwelche Medikamente, zumindest wird darum nicht so ein big business gemacht. Es gibt Milliardäre, die Viagra unterstützen, die Forschung voranbringen, Ärzte bei der Verbreitung an Männer supporten und so weiter. Es ist alles so einfach. Aber Frauen müssen eine Menge Geld hinblättern, um sich einfach nur Tampons zu kaufen. Verstehst du, was ich meine? Das ist doch lächerlich.

„Light in Places“ ist eine tolle Empowerment-Hymne über den Arsch. Der Stolz auf das eigene Arschloch ist so viel mehr als einfach nur der Stolz auf das eigene Arschloch. Es geht irgendwie darum, sich ganz und gar in seiner Körperlichkeit anzunehmen. Genau, es geht darum, Licht an Orten zu finden, von denen man nicht wusste, dass es dort Licht gibt. Es geht um das Entdecken verborgener positiver Aspekte. Es ist ein wirklich positiver Song.

Interview: Jan Noll

peachesrocks.com

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