Tierrechte

Food-Revolution! Tierschützer Dan Mathews im Interview

22. Nov. 2015
Nina Hagen und Dan Matthews

Seit 35 Jahren engagiert sich PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) für einen ethischen Umgang mit Tieren und gegen Massentierhaltung oder Tierversuche. Der Senior-Vizepräsident der Tierrechtsorganisation ist Dan Mathews, der bereits als Teenager in seiner Schulzeit offen mit seiner Homosexualität umging. 2007 gehörte er laut einer Liste des US-Magazins Out zu den 50 mächtigsten homosexuellen Frauen und Männer Amerikas. Unter anderem geht auf seine Idee die Anti-Pelz-Kampagne „Lieber nackt als im Pelz“ zurück. Während seines Aufenthalts in Stuttgart vor einer Woche bat SIEGESSÄULE.DE ihn zum Interview

Dan, worin besteht die Arbeit von PETA? Wir versuchen klarzumachen, dass Tier-Themen global sind. Unsere Mission ist es zu zeigen, wie man Tiere behandelt, die in irgendeiner Form als Produkte gekauft werden.

Was macht euch so erfolgreich? Sex und Prominenz. Ein Grund für unsere Strategie ist natürlich die Aufmerksamkeit, die PETA dadurch bekommt. Weitaus wichtiger ist aber, dass die Auseinandersetzung mit der Behandlung von Tieren so wahnsinnig deprimierend ist, die Fakten so fürchterlich brutal sind. Die meisten Leute halten das nicht aus. Deshalb produzieren wir Glamour und schieben die Infos nach. Wir arbeiten mit Promis wie Nina Hagen, P!nk, und Paul Mc Cartney zusammen und zeigen: diese Pop- Ikonen mit ihrem Lifestyle verzichten auf nichts, was wichtig wäre. Die haben aufregende Leben und brauchen dafür keine Tierquälerei.

Die Kampagne „Lieber nackt als im Pelz“, bei der nackte weibliche Promis auf Plakatwänden zu sehen sind, wurde Sexismus unterstellt. Aber da sind auch Männer drauf, Junge und Alte, Dicke und Dünne! Die größte Aufmerksamkeit bekommen nun einmal weibliche Stars mit Sexappeal ... sogar mehr als die Straßenaktionen, bei denen ich selbst mehrfach festgenommen wurde, nackt ...

Wie erklärst du dir die Ignoranz gegenüber Tieren? Kinder haben noch eine natürliche Affinität zu Tieren. Wenn die wüssten, wie die gequält werden, würden sie sofort was ändern. Aber Kinder werden abgeschirmt, und als Jugendliche sind die meistens schon zombieartige Konsumenten. Sie befolgen, was sie, im Namen von Kultur und Tradition, anziehen und essen sollen, sie entwickeln schlechte Gewohnheiten. Sie werden mit Werbung bombardiert, solange sie denken können und das Einzige was bleibt, um das zu durchbrechen, sind aggressive Gegenkampagnen. Junge Leute denken zwar nicht daran, welche Auswirkungen ihr Verhalten für die Tiere hat, sie sind aber noch offen. Deshalb sind sie eine unserer wichtigsten Zielgruppen.

Du hattest als Kind ein besonderes Verhältnis zu Tieren und wurdest mit 16 Aktivist. In meiner Nachbarschaft haben sie Kätzchen an die Wand geworfen, um sie zu töten. Es hat mich komplett fertig gemacht, besonders, dass Leute tatenlos drumrum standen. Dann bin ich selbst zusammengeschlagen worden, weil ich schwul bin und die Leute waren genauso gleichgültig. Auch das gehört zur „Zombie-Konditionierung“. Egal ob es um Rassismus, Sexismus oder Tierquälerei geht, die Menschen werden gleichgültig.

Was können wir tun, damit sich die Situation für die Tiere verbessert? Geht auf unsere Webseiten und informiert euch. Ihr werdet sehen, dass ihr durchaus was tun könnt. Ihr solltet die Welt als einen weniger gewalttätigen Ort verlassen als ihr ihn vorgefunden habt. Bei euch selbst anzufangen ist ein Supereinstieg.

Du überzeugst Promis davon, Hasenkostüme zu tragen und Designer wie Calvin Klein, Tommy Hilfiger und Harald Glööckler, auf Pelze zu verzichten. Wie bringst du die Leute dazu, sich für Tierrechte einzusetzen? Sag ihnen das, was du zu sagen hast, auch ein zweites und ein drittes Mal. Gib ihnen Zeit, Informationen zu verdauen und zu begreifen. Sie treffen Entscheidungen, die sie in ihre Leben integrieren können, die ihre Gesundheit verbessern. Der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Leute ist so riesig, dass wir wirklich unheimlich viel machen müssen, um etwas zu bewegen.

Wo siehst du für die nächsten Jahre den größten Handlungsbedarf? Veganes Essen war mal so ein Hippie-Ding. Heute weiß so gut wie jeder, dass man sich damit viel besser fühlt. Die Leute ändern ihr Verhalten trotz des enormen Gegenmarketings. Tatsächlich sind wir inmitten einer Food-Revolution, in der es darum geht, was wir in Zukunft essen werden. Unsere Kampagnen konzentrieren sich dementsprechend auf Tiere, die aufgrund der Ernährungsindustrie besonders leiden. Wir befinden uns in einer Zeit des Umbruchs, die Geschichte machen wird.

Interview: Susann Reck

peta.de

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