BÜHNE

Forever young

5. Feb. 2016

Die große Kunst des Verbalgemetzels: Das kleine Theater am Südwestkorso bringt Oscar Wildes „Bildnis des Dorian Gray“ auf die Bühne – mit Matthias Freihof und Florian Bartholomäi (Foto)

Dorian Gray ist zwar keineswegs mehr der Jüngste, aber die Jahre scheinen spurlos an ihm vorübergegangen zu sein. Möglich macht es ein dunkler Pakt, der statt des narzisstischen Dandys ein Porträtgemälde altern lässt, welches der befreundete Maler Basil von ihm geschaffen hat. Doch nicht nur Oscar Wildes legendäre Romanfigur, sondern „Das Bildnis des Dorian Gray“ selbst hat sich als zeitlos erwiesen. Der 1890 erstmals veröffentlichte Roman ist bis heute sein bekanntestes und erfolgreichstes Werk. 20 Mal wurde das seinerzeit auch wegen seiner homoerotischen Zwischentöne als unmoralisch skandalisierte Buch mittlerweile verfilmt; daneben entstanden Comic-, Ballett-, Opern- und Musicalfassungen sowie ein gutes Dutzend Bearbeitungen fürs Theater.

„Das Thema der ewigen Jugend ist über die Jahrhunderte spannend und aktuell geblieben, und Wilde hat dafür eine wunderbare Form gefunden“, erklärt sich Matthias Freihof die ungebrochene Faszination. Er ist Teil des fünfköpfigen Ensembles, das ab 5. Februar „Das Bildnis des Dorian Gray“ im Kleinen Theater am Südwestkorso auf die Bühne bringt.

Angesichts von Face- und Po-Lifting, Schlankheitswahn und Körperkult ist Wildes Parabel über Vergänglichkeit und Hedonismus für Freihof alles andere als ein staubiges Historienstück. Regisseur Boris von Poser, der auf John von Düffels bereits vielfach erprobte Theaterfassung zurückgreift, hat in seiner Inszenierung sowohl auf britisches Upperclass-Gehabe wie auf allzu viel Kostüm-Pomp verzichtet. „Bis auf wenige Andeutungen auf die Zeit des Viktorianismus ist alles bewusst neutral belassen – und damit offen für die Gegenwart.“ Umso besser können die klugen wie boshaften Bonmots strahlen, die Wilde seinen Figuren in den Mund legt, Sentenzen wie: „Ich wähle meine Freunde nach ihrem guten Aussehen, meine Bekannten nach ihrem Charakter und meine Feinde nach ihrem Verstand.“


„Oscar Wilde war nicht nur ein sehr guter Beobachter, sondern konnte seine Reflexionen auch sehr treffend und witzig formulieren“, begeistert sich Matthias Freihof für die Dialoge des irischen Exzentrikers. „Er beherrscht die große Kunst des Verbalgemetzels wie sonst nur böse Tunten und Tanten.“


Das Schöne für Freihof: Er übernimmt in der Inszenierung die Rolle von Dorian Grays Freund und Verehrer Lord Henry Wotton, dem Alter Ego Oscar Wildes, und darf deshalb die besten Pointen abfeuern. „In Zeiten wachsender Sprachschluderei ist ein solches Konversationsstück, das derart feinsinnig mit der Sprache spielt, ein riesiger Spaß und für jeden Schauspieler ein großes Geschenk“, erklärt Freihof seine Mitwirkung in der kleinen, aber feinen Friedenauer Theaterproduktion. Das hat wohl auch den Berliner Film- und Fernsehstar Florian Bartholomäi („Deutschland 83“, „Reine Geschmackssache“) gereizt. Mal abgesehen von Statistenrollen an der Frankfurter Oper während seiner Schulzeit wagt sich der 29-Jährige nun erstmals auf eine Theaterbühne und wird als Dorian Gray zu erleben sein. Nebenbei arbeitet Bartholomäi zudem daran, den Rekord als meistbeschäftigter „Tatort“-Schauspieler zu brechen. Im Dezember hat er die Arbeit an der 1.000. „Tatort“-Folge abgeschlossen und damit bislang zwölf verschiedene Rollen – Opfer wie Täter – in der Krimireihe gespielt.

Axel Schock

Das Bildnis des Dorian Gray, 05. (Premiere), 06., 27.02., 20:00,
07., 28.02., 18:00,
Kleines Theater am Südwestkorso

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