PRIDE

„Wir müssen Schritt für Schritt weiterkämpfen“

17. Juli 2016
Sloweniens Botschafterin beim CSD 2015 © Marta Kos Marko

Marta Kos Marko, slowenische Botschafterin, setzt sich für die Gleichstellung homo- und heterosexueller Ehen in ihrer Heimat ein. Und sie ist sehr gerne wieder beim Berliner CSD dabei, wie sie im SIEGESSÄULE-Interview erkärt

Als Slowenien beim Berliner CSD im letzten Jahr erstmals mit einem eigenen Wagen vertreten war, war das unter anderem einer ganz bestimmten Person zu verdanken: Marta Kos Marko, slowenische Botschafterin in Berlin – und Verfechterin einer vollständigen Gleichstellung homo- und heterosexueller Ehen in ihrer Heimat. Ein Gesetz, das genau diesen Schritt vorsah, wurde Ende 2015 zwar per Referendum gekippt, doch die Freude am CSD lässt sich Kos Marko deshalb nicht nehmen: „Für mich ist es eine besondere Ehre, Slowenien auch in diesem Jahr wieder offiziell zu repräsentieren.“

Frau Kos Marko, beim kommenden CSD ist nun schon zum zweiten Mal ein slowenischer Wagen dabei – u.a. durch Ihre Unterstützung. Warum wurde damit 2015 begonnen?
Der Anlass war, dass wir alle so wahnsinnig glücklich darüber waren, dass das slowenische Parlament im März letzten Jahres die 100-prozentige Gleichstellung homo- und heterosexueller Paare beschlossen hatte, womit wir das erste und einzige Land auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens und auch des gesamten Ostblocks waren. Da stellte sich schon die Frage: Was tun wir? Befreundete schwule Slowenen in Berlin kamen dann auf mich zu und schlugen vor, einen offiziellen slowenischen Wagen für den CSD zu organisieren. Ich habe sofort gesagt: Machen wir, ihr kümmert euch um das Administrative, ich um die Finanzierung.

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Genau dieses von Ihnen erwähnte Gleichstellungsgesetz wurde dann allerdings nur wenige Monate später per Referendum wieder abgeschafft …
Das war wirklich furchtbar. Viele haben geweint, denn es war ja nicht der erste Versuch. Schon 2010 wurde ein entsprechendes Gesetz per Referendum gekippt, doch diesmal haben wir eben geglaubt, dass es wirklich klappen kann. Umso größer war die Enttäuschung, dass auch der nächste Vorstoß gescheitert ist.
Ein Trostpflaster ist zumindest, dass unser Parlament im April diesen Jahres ein neues Gesetz verabschiedet hat. Der „Same Sex-Partnership-Act“ wird im Februar 2017 in Kraft treten. Außer bei den Themen Adoption und künstliche Befruchtung ist dann alles gleichgestellt. Aber zugegeben: Trotz dieses enormen Fortschritts finde ich es persönlich nach wie vor bedauerlich, dass es Ausnahmen gibt und eben keine 100 Prozent.

Wie würden Sie das gesellschaftliche Klima in Slowenien in Bezug auf LSBTIs ingesamt einschätzen?
Insgesamt gesehen ist Slowenien relativ liberal eingestellt, das war schon zu Zeiten des ehemaligen Jugoslawiens so. Das erste schwule Filmfestival Europas wurde 1984 zum Beispiel bei uns gegründet. Dazu haben wir den schwul-lesbischen Dragons' Ball und die Ljubljana Pride, bei der es im Übrigen noch nie zu Ausschreitungen gekommen ist.
Andererseits ist es schon erstaunlich: Während in vielen Ländern die Gesellschaft weiter ist als die Politik, war es in Slowenien bei der Ehe-Frage genau andersherum. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist offensichtlich noch nicht groß genug und wir müssen Schritt für Schritt weiterkämpfen.

Dafür könnte ja der CSD eine gute Gelegenheit sein …
Ja genau, und ich freue mich schon sehr darauf, Slowenien auf dem CSD wieder offiziell zu repräsentieren – in diesem Jahr mit einer zusätzlichen Fußgruppe. Alle sind eingeladen, zu uns zu kommen, und das nicht nur beim CSD. Wir sind ein liberales Land, auf das wir stolz sein können und das ich jedem auch als Reiseziel ans Herz legen möchte. Nirgendwo sonst findet man Kultur und Stadtleben, gepaart mit Bergen, Seen und Strand auf so engem Raum. Um das zu zeigen, wird auch unser CSD-Wagen mit ganz vielen Postkarten beklebt sein, die die landschaftliche Vielfalt Sloweniens abbilden.

Interview: Daniel Segal

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