FilmCheck der Woche

Dezent schwul: „Star Trek: Beyond“

21. Juli 2016
John Cho als Hiraku Sulu in Star Trek: Beyond (c) Paramount

Sternenflotten-Offizier Sulu bekommt in „Star Trek: Beyond“ eine Regenbogenfamilie spendiert. Kritik an der Entscheidung, den beliebten Steuermann der Enterprise als Homo-Figur neu zu erfinden, kam ausgerechnet von dem offen schwulen Schauspieler und LGBT-Aktivisten George Takei, der zur ersten Star-Trek-Crew gehörte und Sulu 30 Jahre lang von 1966 bis 1996 verkörperte. Grund hierfür war natürlich keine Homophobie, auch wenn so manche Schlagzeile das vermuten ließ. Ihm missfiel, die seiner Meinung nach respektlose Haltung gegenüber dem 1991 verstorbenen Star-Trek-Schöpfer Gene Roddenberry, der Sulu als Hetero angelegt hatte. Er hätte sich lieber eine neue schwule Figur gewünscht. Daraufhin meldeten sich etliche Leute des neuen Teams zu Wort, um die Entscheidung zu verteidigen: Produzent J.J. Abrams, Drehbuchautor Simon Pegg, Spock-Darsteller Zachary Quinto. Auch Takeis Sohn mischte mit! Eine kleine Debatte entbrannte, zu der so schön wie selten der alte Shakespeare-Titel passte: Viel Lärm um nichts! Am Ende war George Takei die ganze Sache auch eher unangenehm.

„Star Trek Beyond“ darf sich indes für das medienwirksame Gezicke bedanken, das erfolgreich vom Inhalt des Films ablenkte. Dabei ist der Anfang ziemlich vielversprechend: Ein antriebsloser, in der Midlife-Crisis steckender Kirk wandelt da gelangweilt durch die Korridore der Enterprise und starrt deprimiert in seinem Kleiderschrank auf ein Dutzend komplett identischer Kapitänsanzüge. Doch was folgt, ist genau die Star-Trek-Routine, über die sich in den ersten Szenen noch so gekonnt lustig gemacht wird. Schon wieder wird die Enterprise von einem anderen Raumschiff gekapert und die Crew gefangen genommen, schon wieder will irgendein sinistrer Bursche von einem anderen Planeten der Föderation an den Kragen. Ein Action-Setpiece reiht sich ans nächste, bis am Ende des Films ein weiterer Bösewicht in seine Schranken gewiesen wird. Von der frisch-respektlosen Herangehensweise des Star-Trek-Reboots von 2009 ist hier nur wenig geblieben. Der dritte Film mit der neuen Crew fühlt sich an, als wären wir bereits bei Teil 7 oder 8 angelangt.

Da hilft auch kein schwuler Sulu weiter. Die Szene, in der wir ihn mit Kind und Lebenspartner sehen, dauert sowieso nur ein paar Sekunden. Bei einem Heimaturlaub begrüßt Sulu kurz seinen Liebsten. Eine Umarmung wird gezeigt, natürlich kein Kuss. Das Ganze sieht aus wie eine sich progressiv gebende Waschmittelwerbung. Details, Hintergründe, wie es zu dieser Beziehung kam, liefert der Film nicht. Ein Kuss wurde laut Sulu-Darsteller Jon Cho zwar gedreht, im fertigen Film dann aber nicht verwendet.

Abseits der angesprochenen Szene deutet auch in Sulus Verhalten nichts mehr auf die Homosexualität der Figur hin. Möglichst dezent, lautete hier offensichtlich die Devise! Ein selbstverständlicher Umgang mit Homosexualität, wie ihn die Macher anstrebten, sieht so jedenfalls nicht aus, eher ein verkrampfter.

Natürlich ist es dennoch löblich, dass es in den unendlichen Weiten des Star-Trek-Universums endlich auch einen homosexuellen Charakter gibt. Und das der dritte Kinofilm eher schwach geraten ist, folgt der Tradition der Originalserie, die dann mit „Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart“ (1986) eine regelrechte Frischzellenkur verpasst bekam. Man kann nur hoffen, dass sich die Reihe auch in dieser Hinsicht treu bleibt.

Andreas Scholz

„Star Trek: Beyond“, USA 2016, Regie: Justin Lin, ab 21.07. im Kino

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