Pride

Ein politischer CSD?

25. Juli 2016
CSD-Parade 2016 © Brigitte Dummer

SIEGESSÄULE blickt zurück auf die diesjährige CSD-Parade! Leider kam es rund um den Berliner Pride auch diesmal wieder zu gewaltsamen Übergriffen

750.000 Menschen sollen laut Angabe des CSD e.V. am Samstag an der Berliner Pride-Parade und der dazugehörigen Abschlusskundgebung teilgenommen haben. Diese Zahl deckt sich ungefähr mit der vom letzten Jahr. Andere Medien wie der Tagesspiegel sprachen hingegen von einem deutlichen Rückgang und nur 450.000 bis 500.000 BesucherInnen. Zumindest gefühlt war wie schon beim Stadtfest weniger los als sonst. Das große Gedränge der vergangenen Jahre blieb aus. Dennoch: Dass sich so viele Leute offensichtlich nicht von den Ereignissen in München am Freitag und den schrecklichen Gewalttaten in Orlando oder Nizza abhalten ließen, auf die Straße zu gehen, ist eines der positiven Signale, die vom diesjährigen CSD ausgehen.

Zudem ist der bisherige Tenor, dass die Parade deutlich politischer gewesen sein soll. Darüber lässt sich sicherlich streiten. Auf dem ersten Wagen des Berliner CSD e.V. standen jedenfalls Inhalte im Mittelpunkt: Berliner LGBT-Gruppen wie die Lesbenberatung stellten sich vor und Themen wie der Rechtsruck in der Community wurden angesprochen. Dahinter trugen mehrere Leute eine riesige Fahne, bestehend aus 70 Flaggen von Ländern, in denen Homosexualität immer noch unter Strafe steht. Konkrete Inhalte und Positionen kamen aber vor allem von jenen, die schon seit Jahren die große CSD-Parade mit ihrer Präsenz bereichern. Zum Beispiel Queer Amnesty, die mit ihren Plakaten an verfolgte und ermordete LGBTI-AktivistInnen erinnerten. Dabei handelte es sich oft um weitgehend vergessene oder kaum bekannte Namen wie Ahmet Yildiz oder Noxolo Nogwaza, die Opfer von Hassverbrechen wurden.

An der Spitze des Zuges wurde ein Banner mit der Aufschrift „Berlin for Orlando“ getragen. Doch Themen wie Orlando, Rechtspopulismus oder LGBT-Rechte gingen natürlich auch diesmal unter der Übermacht wummernder Bässe fast vollkommen unter. Dazu gab es „Britney, bitch“ und „Do you believe in life after love“ in Endlosschleife, während SPD und die Interessenvertretung der Schwulen und Lesben in der CDU verzweifelt mit Gummibärchen und Brausepulver um sich warfen, anstatt kritisch die eigene diskriminierende Politik zu thematisieren. Im Prinzip also alles wie gehabt! Dennoch war die Stimmung deutlich entspannter, hin und wieder kam sogar so etwas wie Community-Gefühl auf. Auch sah man vermehrt Heteros, die bei der Parade mitliefen, ohne den Zug einfach als Love-Parade-Ersatz zu missbrauchen.

Leider kam es rund um den Pride auch in diesem Jahr wieder zu gewaltsamen Übergriffen. So wurde ein 23-jähriger Mann, der sich auf dem Heimweg vom CSD befand, in der S-Bahn wegen seines Erscheinungsbildes angepöbelt und dann unvermittelt ins Gesicht geschlagen. Der Vorfall ereignete sich am Samstag zwischen 17 und 18 Uhr in der Nähe der Station Hackescher Markt. Rettungskräfte brachten ihn anschließend mit einer Nasenfraktur und einer deutlichen Schwellung des linken Auges in ein Krankenhaus. Ein weiterer Fall ereignete sich im Wedding in der Luxemburger Straße. Am Sonntag um 3 Uhr morgens wurde ein 21-Jähriger, der gerade mit seinem Begleiter von einer CSD-Veranstaltung kam, von zwei Angreifern attackiert. Er wurde mit der Faust und der flachen Hand mehrfach gegen den Kopf geschlagen. Auch als er zu Boden ging, wurde weiter auf ihn eingeschlagen. Der junge Mann erlitt dabei Arm- und Kopfverletzungen und wurde ins Krankenhaus gebracht. Die Ermittler suchen nach den mutmaßlichen Angreifern.

Folge uns auf Instagram

Das Siegessäule Logo
Das Branchenbuch mit Haltung
Queer. Divers. Überzeugend.