Musik

„Home“: neues Album und Konzert von Wallis Bird

14. Sept. 2016

Unangepasst ist die Verbindung aus Rock, Pop und Irish Folk, mit der die in Berlin lebende Künstlerin Wallis Bird eine wachsende Fangemeinde aus der queeren Community begeistert

Expressiver Gesang, mal zart, mal aufbegehrend, immer pur und unverstellt, treibende Rhythmen und ein außergewöhnlicher Gitarrenstil – sie spielt die Gitarre linksherum, ohne die Saiten umzuspannen: Das sind die Markenzeichen von Wallis Bird. Geboren in Irland, erhielt sie mit zwei Jahren ihre erste Gitarre, und früh war klar, eine Alternative zur Musik kann es kaum geben. Nach langen Aufenthalten in England studierte Wallis in Deutschland Musik und Songwriting. Seitdem spielte die heutige Wahlberlinerin – mittlerweile selbst auch als Headlinerin – unzählige, stets euphorisierende Konzerte weltweit.
Das aktuelle Album „Home“ kombiniert moderne, elektronische mit traditionellen, akustischen Elementen und ist zudem eine überaus persönliche Platte der heute 33-jährigen Künstlerin. „Ich habe wirklich versucht, ein Album zu machen, das erklärt, was gerade wichtig in meinem Leben ist“, erzählt Wallis im Interview. Den Namen „Home“ gab sie ihm, weil sie sich nach zehn Jahren im Musikbusiness verändert habe und auch im Privaten mittlerweile ruhig und glücklich sei. Wallis ist angekommen, ohne jedoch stillzustehen. „Auf eine Art habe ich mein Leben angehalten, innegehalten. Vorher habe ich immer wie ein Tourpferd gelebt und durchgehalten“, erklärt sie. „Heute weiß ich, dass ich nicht mehr davonlaufen muss. Durch das Zusammenziehen mit meiner Partnerin und die Arbeit am Album habe ich herausgefunden, was mir gefällt, habe mein Temperament kennengelernt. Ich habe gelernt, privat sein zu können und dabei nicht weniger politisch.“

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Mit dem privaten Coming-out kam der Wunsch, auch als lesbische Künstlerin präsent zu sein. Während Management, Band und Wallis selbst in den ersten Jahren noch bemüht waren mögliche Labels zu vermeiden, ist dieser Teil ihrer Identität heute untrennbar mit ihrer künstlerischen Arbeit verbunden. „Das Cover zeigt mich und meine Freundin – auch um Lesbischsein zu ,normalisieren’“, meint Wallis. Unprätentiös verbindet sie auf dem Album verschiedene Anteile ihrer Persönlichkeit. Gerade in dem Titelsong „Home“ kommt dies zum Tragen. Wenn sie mit ihrer modernen Stimme im alten irischen Stil a cappella ihre Liebesbeziehung besingt, finden Tradition und Aktualität zusammen. „Das Lied singe ich in traditioneller Form, um besonders wichtige Inhalte zu transportieren, da diese Art des Vortrags der Geschichte mehr Raum gibt. Unsere Liebe ist nicht sehr traditionell, aber ich bin es. Somit ist es eine Kombination aus beidem.“

Neben Tradition spielt auch Religion in Wallis' aktuellem Leben eine wichtige Rolle. „Ich bin irisch-katholisch erzogen worden, mit all dieser katholischen Schuld. Ich habe mein Leben mit der Kirche verbracht, gleichzeitig aber immer gedacht, dass es nicht christlich sein kann, andere zu verurteilen, weil sie zum Beispiel lesbisch sind.“ Heute beschreibt sie sich eher als spirituell, hinterfragt das traditionelle Gottesbild und bindet auch auf der Platte subtil feministische Auslegungen ein: „Dear mother god in heaven / You're one hell of a woman“, heißt es im Titelsong. „Ich kam darauf, nachdem ich die Geschichte eines amerikanischen Pfarrers gehört hatte, der während einer Nahtoderfahrung Gott als Frau erkannt hat. Diese Vorstellung hat mein Denken regelrecht revolutioniert, und ich wollte das in die Platte einfließen lassen, um vielleicht auch andere dafür zu begeistern.“

Steff Urgast


Wallis Bird live, 21.09., 20:00, Privatclub

Wallis Bird: Home (Mount Silver Rec./Caroline Int.), ab dem 30.09. erhältlich

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