Video der Woche

Zur Erinnerung an Pete Burns: „I’ll Save You All My Kisses”

26. Okt. 2016

Gerade einmal 57 Jahre alt wurde Pete Burns, dessen Band Dead or Alive mit „You Spin Me Round“ 1984 einen Welthit landete. „Einer der großen wahren Exzentriker ist von uns gegangen“, schrieb sein Freund, Weggefährte und einstiger Erzfeind Boy George auf Twitter, nachdem er von Burns' Tod erfuhr. Was beide Künstler verband: Sie gehörten zu den Gender Bendern der 80er-Jahre, die inspiriert von Glamrock und Bowie Geschlechtergrenzen auf immer komplexere Weise torpedierten und einer ganzen Musikepoche ihr androgynes Erscheinungsbild verpassten.

Doch im Gegensatz zum sanftmütigen, hippiesk auftretenden Sänger von Culture Club gab sich Pete Burns aggressiv, schmutzig und sexuell fordernd. Eine Scary Queen mit Wurzeln im Punk und Gothic, die zudem mit einer spitzen, angriffslustigen Zunge gesegnet war. Boy George warf er vor, dass er seinen Look von ihm geklaut hätte. Und während der Zeit, als Burns an seiner Karriere feilte und nebenbei in dem alternativen Plattenladen Probe Records arbeitete, setzte er angeblich jeden vor der Tür, der es auch nur wagte, nach der Musik von Culture Club zu fragen.

Mit schwarzen Kontaktlinsen und menschlichen Knochen im Haar streunte er Anfang der 80er durch seine Heimatstadt Liverpool. Ein Rebell, dem die Punkszene nicht wild genug war und der sich vor allem selbst als Kunstwerk gestalten wollte. Zu einer bestimmten Gruppe fühlte er sich nie zugehörig. Auch definierte er sich weder als schwul, trans* oder bi. In seiner Autobiografie „Freak Unique“ schreibt er, dass man für ihn schon eine andere Terminologie brauche und er nicht wisse, ob diese überhaupt schon erfunden sei.

Die harschen Post-Punk-Klänge seiner Band Dead or Alive (früher Nightmares in Wax) beginnt er im Laufe der Zeit mit Dance-Grooves anzureichern. Am Ende dieser Entwicklung steht der Hi-NRG-Sound von „You Spin Me Round“, produziert von Stock Aitken Waterman (Kylie Minogue, Rick Astley). Plastikpop in seiner Vollendung, der aber im Vergleich mit ähnlichen Produktionen immer noch eine Spur dreckiger daherkommt. Dem folgen zumindest mehrere kleinere Hits wie „Something in My House“ oder „Brand New Lover“. In Japan genießen Dead or Alive über Jahre hinweg Starruhm.

Nach den 80ern machte Pete Burns vor allem durch seine zahlreichen Schönheitsoperationen und dem Auftritt bei der Reality-Show Promi Big Brother (2006) von sich Reden. Am Montag verkündeten dann seine Ex-Frau Lynne Corlett, sein zeitweilig eingetragener Lebenspartner Michael Simpson und sein Manager die traurige Nachricht, dass Pete Burns am 23. Oktober an einem Herzinfakt verstorben sei.

Unser Video der Woche ist ihm gewidmet. Ausgesucht haben wir uns Dead or Alives „I’ll Save You All My Kisses” – ein wunderbar trashiger Clip mit harten Schwulengangs und Pete in einem Outfit, das an Chers Lederklamotte im Video zu „If I Could Turn Back Time“ erinnert.

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