Politik

Welches Klo hätten Sie denn gern?

11. Apr. 2014

Als ich vor 15 Jahren meine ersten zaghaften Schritte in Drag machte und in der Schwulen- und Lesbenszene von Halle an der Saale unterwegs war, wurde ich regelmäßig auf der Damentoilette, vorzugsweise von Butch Lesben, darauf hingewiesen, dass diese Toilette nur für Frauen ist.

Lustigerweise wurde ich, die schon immer sehr weiblich aussah, als Mann gelesen, der sich als Frau verkleidet, und dieser hat gefälligst auf der Herrentoilette zu pinkeln. Ich habe es mir irgendwann angewöhnt, abfällig zu lächeln, meinen Lippenstift zu zücken und mir plakativ die Lippen nachzuschminken. Mittlerweile bin ich keine Drag Queen mehr, sondern definiere mich als Trans*frau. Ich erinnere mich noch an die Zeit vor meiner Transition, in der ich noch automatisch die Herrentoilette in öffentlichen Gebäuden benutzte. Schon da gab es öfter den Kommentar, dass ich hier wohl falsch sei.

Genau das ist das Gefühl, das man als Person, die den Gendernormen nicht entspricht, oft genug erlebt. Irgendwie ist man immer irgendwo falsch. Jetzt haben die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus einen Antrag auf landesweite Einführung von Unisex-Toiletten in öffentlichen Gebäuden gestellt. Diese soll vor allem auch in Schulen ein Signal setzen: es gibt nicht nur Mann und Frau, sondern das Spektrum geschlechtlicher Identität bietet weitaus mehr Möglichkeiten.

Jedoch wird meiner Meinung nach nicht radikal genug gedacht. Es wird lediglich gefordert, dass es in jedem Gebäude genau eine Toilette gibt, die als Unisex Toilette ausgewiesen wird. Viel zu wenig, wenn man mich fragt. Längst ist es überfällig, dass man die Kategorien Mann und Frau vollkommen abschafft.

Was bei Toiletten anfängt, kann man gleich weiterführen. Auf amtlichen Formularen, Umkleidekabinen, am Flughafen bei der Leibesvisitation usw. Doch leider ist das wohl nur eine Utopie in einer Gesellschaft, in der es noch immer an der Tagesordnung ist, dass Frauen vergewaltigt werden weil sie zu kurze Röcke tragen. Ich habe das Gefühl, solange es nicht einmal Gleichberechtigung von Männern und Frauen gibt, ist der Schritt zur Gleichberechtigung diverser geschlechtlicher Identitäten zu groß. Noch. Bis dahin rate ich jeder Person, auf genau die Toilette zu gehen, auf die sie gehen möchte. Ohne Kompromisse.

Und falls irgendeiner einen dämlichen Kommentar dazu ablässt, ist es durchaus legitim, gerade auf dem „Stillen Örtchen“ den Stinkefinger zu zeigen. Wo kämen wir denn hin, wenn wir uns vorschreiben ließen, in welcher Kloschüssel wir uns unserer körperlichen Restprodukte entledigen!

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