Was man gegen die Angst vor einem ungewollten HIV-Outing tun kann

„Ich persönlich muss mich mit meiner HIV-Infektion nicht verstecken. Aber ich verstehe, dass nicht jeder HIV-positive Mensch damit offen umgehen kann oder möchte.“ – Christoph, lebt seit 2005 mit HIV
Nicht jeder Mensch mit HIV kann oder möchte offen mit der eigenen Infektion umgehen - und das ist absolut okay. Sobald allerdings Sorgen und Ängste vor einem ungewollten HIV-Outing ins Spiel kommen, gilt es wachsam zu sein - denn diese können nicht nur den Alltag beeinträchtigen, sondern sich auch negativ auf die mentale Gesundheit auswirken.
Was die mentale Gesundheit beeinflussen kann
Häufig wird HIV-positiven Menschen von ihrem engen Umfeld geraten, niemandem von ihrem Status zu erzählen. Dahinter steht häufig die Überzeugung, dass die HIV-Infektion ein selbst verschuldeter Makel sei, den es um jeden Preis zu verstecken gilt.
Diese Form der Stigmatisierung von Menschen mit HIV ist leider noch immer weit verbreitet. Viele Menschen mit HIV verinnerlichen diese negative Bewertung von außen sogar und verknüpfen ihre HIV-Infektion dann mit belastenden Gefühlen wie Schuld und Scham. Sie machen sich zum Beispiel Vorwürfe, verurteilen sich selbst und schämen sich für ihren HIV-Status.
Die Angst geoutet zu werden
Die Angst vor dem ungewollten Outing zeigt sich oft in der Befürchtung, dass jemand die HIV-Medikamente entdecken oder einen bei deren Einnahme beobachten könnte. Diese Sorge kann dann zu bestimmten Handlungen führen, die dazu dienen, den eigenen positiven HIV-Status zu verheimlichen: Die HIV-Medikamente werden gut versteckt, die leeren Tablettenpackungen nur noch in weit entfernten Mülleimern entsorgt oder gar kein Besuch mehr zuhause empfangen – aus Angst, die Tabletten könnten entdeckt werden.
Wenn diese Handlungen zur Gewohnheit werden, dann kann das häufig zu einer andauernden unbewussten Belastung führen. Spätestens hier sollte einem dann bewusst werden, dass ein solcher Umgang langfristig nicht förderlich für die eigene mentale Gesundheit ist.
Was kann man tun, wenn einem der offene Umgang schwerfällt?
Vorteilhaft ist es, wenn man sicher und selbstbewusst mit der eigenen HIV-Infektion umgehen kann – denn dann gibt es keinen Grund mehr für ein belastendes Versteckspiel. Falls man aber nicht offen mit dem HIV-Status umgehen möchte, gibt es auch andere Möglichkeiten, einen gesunden Umgang damit zu finden.
Im Alltag können beispielsweise schon Kleinigkeiten zu einer merklichen Veränderung führen:
1. Die Medikamente in eine neutrale Pillenbox packen. Das erleichtert auch die Mitnahme, wenn man mal länger aus dem Haus ist.
2. Zuhause einen festen, diskreten Ort für die Aufbewahrung der Medikamente finden.
3. Wenn man sich einen Wecker zur täglichen Erinnerung an die Einnahme stellt, kann man bei der Benennung auf eine neutrale Bezeichnung achten.
Mit dem/r Ärzt*in Lösungen finden
Auch wenn man als HIV-positiver Mensch selbst mit solch kleinen Stellschrauben einiges bewirken kann, lässt sich die grundsätzliche Angst dadurch leider nicht beseitigen. Daher ist es wichtig, auch bei dem/r Ärzt*in offen und proaktiv über die eigenen Sorgen zu sprechen.
Wenn diese/r über die persönliche Situation Bescheid weiß, kann man sich zusammen die vielfältigen Therapiemöglichkeiten ansehen und gemeinsam eine Therapie finden, die sich besser in den eigenen Alltag integrieren lässt, damit man keine Angst mehr vor einem ungewollten HIV-Outing haben muss.
Weitere Infos sowie persönliche Geschichten zum Leben mit HIV findest du unter www.livlife.de.
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