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Wie geht Safer Sex bei Lesben?

6. Juni 2018
Bild: © Seedfeeder, CC BY-SA 3.0
© Seedfeeder (commons.wikimedia.org/wiki/User:Seedfeeder), CC BY-SA 3.0

Eine Million Menschen infizieren sich laut Weltgesundheitsorganisation mit einer sexuell übertragbaren Infektion – täglich. Aber wie geht „Gib Aids keine Chance" und „Mach’s mit“ eigentlich bei Lesben? Ein kleiner Ratgeber

Freche Sprüche, lustige Cartoons. Die Plakatkampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) soll möglichst viele und vielfältige Menschen ansprechen. So juckt es dem Stripper im Tigertanga – die Männergruppe, für die er tanzt, ist peinlich berührt. Seit Mai zieren die neuen Kampagnenmotive bundesweit über 65.000 Plakatflächen. Schütze dein Liebesleben, gehe rechtzeitig zum Arzt und benutze Kondome, so lautet die Botschaft.

Eines fehlt jedoch auf den Plakaten: Lesben. Spielen also bei lesbischem Sex HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen (Sexually Transmitted Infections, STI) keine Rolle? „Basis unserer Arbeit sind epidemiologische Daten, die aufzeigen, welche Bevölkerungsgruppen von HIV und anderen STI besonders betroffen sind“, erklärt eine BZgA-Sprecherin gegenüber SIEGESSÄULE. Das Risiko einer STI-Ansteckung ist bei lesbischem Sex geringer – aber dennoch nicht zu unterschätzen.

Kondome für Lesben

Nicht nur für lesbische trans Frauen ohne geschlechtsangleichende Operation können Kondome sinnvoll sein. Einige STI – etwa Hepatitis A oder Gonorrhö (Tripper) – können indirekt übertragen werden. Das kann beispielsweise bei der gemeinsamen Benutzung von Sexspielzeug passieren. Die Erreger gelangen dann über Dildo & Co. auf Schleimhäute oder verletzte Hautstellen, klärt das auch für Lesben interessante BZgA-Onlineportal liebesleben.de auf.

Deshalb sollte Sexspielzeug mit Kondomen verwendet werden – für jede Sexpartnerin und beim Wechsel von Vaginal- und Analsex ein neues. Zur indirekten Schmierinfektion kann es auch bei der Stimulation mit Fingern oder Händen kommen. Hier bieten sich sogenannte „Fingerlinge“, Femidome (das „Frauenkondom“ wird in Vagina oder Anus eingeführt) oder Handschuhe an.

Vorsicht bei Oralsex

Diese Schutzbarrieren senken zudem das Risiko einer Ansteckung mit HIV, Hepatitis B und anderen STI, die über den Kontakt mit infektiösen Körperflüssigkeiten übertragen werden. Denn Erreger, die zum Beispiel in Scheidenflüssigkeit, (Menstruations-)Blut, Sperma oder dem Flüssigkeitsfilm der Darmschleimhaut enthalten sind, können über verletzte Haut oder über die Schleimhäute in den Körper gelangen.

Vorsicht ist deshalb auch bei vaginalem und analem Oralsex geboten. Für Herpes und Hepatitis A ist dieser sogar einer der häufigsten Übertragungswege. Eine wirksame Schutzbarriere – auch gegen Feigwarzen und Syphilis-Geschwüre – sind Dental Dams, auf Deutsch „Lecktücher“ genannt. Spätestens hier können Heteros von Lesben lernen: „Wir verkaufen viele Lecktücher und Handschuhe, denn anders als im heterosexuellen Mainstream sind diese in queeren Kreisen schon recht verbreitet“, erzählt Sara Rodenhizer, Inhaberin des alternativen Sexladens Other Nature in Berlin-Kreuzberg.

Tipps für die Benutzung von Lecktüchern

Für die Benutzung von Lecktüchern hat Rodenhizer einen nützlichen Rat in petto: Die Tücher schmiegen sich eng an Vulva oder Anus – angenehmer ist es mit etwas Gleitgel darunter. Zu beachten ist dabei allerdings, dass sich nicht alle Materialien mit allen Gleitmitteln vertragen. Lecktücher, Handschuhe, Kondome und Konsorten aus Latex lassen sich mit Mitteln auf Wasserbasis und Silikonöl kombinieren. Schutzbarrieren aus Polyethylen oder Polyurethan sind hingegen mit fett- beziehungsweise ölhaltigem Gleitgel einsetzbar.

Einen weiteren Tipp gibt die BZgA: Wem das Geld oder die Geduld für die Besorgung der bisher nur in Apotheken, alternativen Sexshops und im Onlineversandhandel verbreiteten Dental Dams fehlt, sollte nicht zur kücheneigenen Frischhaltefolie greifen. Eine sicherere Alternative sind aufgeschnittene Kondome. Gegen HPV, Hepatitis A und Hepatitis B gibt es außerdem Impfungen.

Safer Sex ist lustvoller Sex

Nicht nur Schutz, sondern auch Stimulation können Hilfsmittel wie genoppte Kondome oder Lecktücher mit Geschmack bieten. So auch Handschuhe, die etwa spitze Fingernägel oder raue Haut unter ihrem geschmeidigen Material verschwinden lassen.

Durch gegenseitige Rücksichtnahme und ohne Angst vor Infektionen wird der Sex zudem unbeschwerter und lustvoller: „Beim Safer Sex geht es darum, dir und deiner Sexpartnerin ein Gefühl von Sicherheit zu geben – sowohl körperlich als auch emotional“, betont die Expertin Sara Rodenhizer. Die eigenen Grenzen zu kennen und zu kommunizieren, das sei nicht immer einfach. Aber: „Es lohnt sich!“

Paula Lochte

Mehr Informationen:
BZgA: liebesleben.de
Deutsche Aids-Hilfe: iwwit.de
DAH-Aufklärungsbroschüre „Leckt mich doch, ihr Pussys!“ zu Ansteckungsmöglichkeiten mit sexuell übertragbaren Infektionen beim Sex zwischen Frauen* (auf Deutsch und Englisch)
Daniela Thörner „Safer Sex – Ein Handbuch“ (auf Deutsch)
Allison Moon: „Girl Sex 101“ (auf Englisch)

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