Szene

„Wir sollten andere nicht definieren“ – Drag Race-Finalistin Peppermint im Interview

1. Juli 2017
New Yorker Dragqueen Peppermint

Ende Juni wurde der „Next Drag Superstar“ im Finale der neunten Staffel der Castingshow „RuPaul's Drag Race“ gekrönt. Gewonnen hat die New Yorkerin Sasha Velour, die mit ihrem edgy Style und mit atemberaubenden Lipsyncs alle überzeugte. Zweite wurde Peppermint, ebenfalls aus New York, die allerdings Geschichte schrieb. Denn sie ist die erste offene trans Frau, die in der Show so weit gekommen ist.

Schon vorher gab es einige Kandidatinnen, die trans Frauen sind. Allerdings outeten sie sich unter Tränen zum ersten Mal überhaupt in der Show. Oder sie hatten ihr trans Coming-out lange danach. Peppermint allerdings ist die Erste, die sich, schon bevor die neue Staffel ausgestrahlt wurde, als trans Frau definiert hat und von Anfang an damit offen umgegangen ist. SIEGESSÄULE-Redakteurin Kaey hat sie noch vor der Aufzeichnung des Finales interviewt.

Welchen Tip würdest du jemanden geben der/die mit Drag anfangen will? Wenn du damit anfängst, mach einfach weiter und verlass dich dabei auf dein Gefühl und nicht auf deinen Look. Denn eventuell klappt nicht alles am Anfang was du umsetzen willst, doch bei drag geht es eh nicht um Perfektion.

Im Grunde warst du schon vor Drag Race als Performerin bekannt. Wieso hast du dich beworben? Ich wollte ein größeres Publikum erreichen, um über wichtige Themen, wie zum Beispiel trans Identität, zu sprechen. Genau das hat mir die Show auch geboten.



Wie oft hast du dich beworben? Dreimal. Und wie man sieht, sind aller guten Dinge Drei!

Welche Erwartungen hattest du?
Ich dachte es wird der Horror, die ganze Zeit mit den Queens zusammengepfercht zu sein. Und dass dadurch unsere zickige, bösartige Seite zum Vorschein kommt. Außerdem hatte ich erwartet, dass wir ziemlich viel Freizeit zwischen den Drehs haben. Doch das war definitiv nicht der Fall. Tatsächlich habe ich mich mit den Mädels wirklich sehr gut angefreundet. Was wahrscheinlich auch daran lag, das wir aufgrund des mehr als ausgefüllten Tagesablaufs gar keine Zeit hatten, uns gegenseitig zu piesacken.

Wie würdest du Drag definieren? Für mich ist Drag Gender Illusion, Performancekunst, Sozialkritik und Aktivismus. Alles in einem. Außerdem kann ich damit meinen Studienkredit abbezahlen.

Du bist die erste Kandidatin bei Drag Race, die sich von Anfang an als trans* geoutet hat. Die meisten der anderen Kandidatinnen definieren sich in ihrem Privatleben als schwuler Mann. Hat diese Selbstdefinition eine Auswirkung auf die jeweilige Drag Performance? Der Unterschied zwischen einer männlichen Person und einer trans Frau, die Drag machen, ist ähnlich wie der Unterschied zwischen einem Koch und einer Köchin. Es geht dabei weniger um das Geschlecht, sondern um die individuellen Erfahrungen, die jede Person einbringt. Beim Kochen kommt es auf die Zutaten und das Rezept an. Und bei Drag kommt es auf das Talent und die Performance an.



Ich bin ebenfalls eine trans Frau, die in drag performt. In der trans Community bekomme ich deshalb manchmal negative Reaktionen. Es wird unterstellt, dass ich ja nicht wirklich trans bin, wenn ich auch in Drag unterwegs bin. Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht? Ja auf jeden Fall und das nicht nur in der trans Community, sondern auch in der Drag- und Schwulen-Community.

Unterdrückte Minderheiten tendieren dazu, sich untereinander ebenfalls auszugrenzen. Für mich ist ein solches Verhalten „Gender Policing“ in Reinform. Ich möchte endlich in einer Zeit ankommen, in der sich jede Person selbst definieren kann und wir aufhören, andere zu definieren.



Interview: Kaey

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