Netzkultur

Warum löscht Facebook Beiträge mit dem Wort „Dyke"?

7. Juli 2017

Seit knapp 2 Wochen mehren sich Berichte, dass Facebook Posts löscht, die den Begriff „Dyke“ beinhalten – selbst wenn er als Selbstbezeichnung und nicht als Beleidigung verwendet wird. So wurden Statements wie „I love Dykes“, „Pride is no Pride without dykes“ oder „Trans Dykes are good and pure“ gelöscht und die UserInnen teilweise temporär suspendiert. Die Postings widersprächen den Gemeinschaftsstandards, lautete meist die Standardmeldung.

Die intransparente Praxis schürt die Gerüchteküche. Ob Facebook wohl gezielt Lesben sperre, fragen sich einige Aktivistinnen. Andere mutmaßen eine Verschwörung anderer UserInnen, die en masse Posts von Dykes melden würden, um sie löschen zu lassen. Gegen Letzteres spricht, dass auch Postings, die nur für Freunde sichtbar waren, in teilweise rasanter Geschwindigkeit verschwanden.

Überdies treffen die Löschungen keineswegs nur den Begriff „Dyke“. Seit geraumer Zeit berichten AktivistInnen, dass ihre Dokumentationen rassistischer oder sexistischer Übergriffe als Hassrede von der Plattform entfernt würden. Facebook löscht, wenn der Kontext nicht eindeutig ist.

Auf eine Anfrage des SIEGESSÄULE-Schwestermagazins L-MAG antwortete Facebook vage, es experimentiere derzeit mit künstlicher intelligenter Software, die aber noch nicht in der Lage sei, alle Probleme in Sachen Hassrede zu lösen. Es werde häufig fälschlicherweise gelöscht, deswegen seien manuelle Reviews von Löschungen nötig, doch auch die seien nicht perfekt. Der selbstermächtigende Gebrauch des Begriffs „Dyke“ sei zwar erlaubt, Facebook aber darauf angewiesen, dass Userinnen hier einen eindeutigen Kontext in den Postings mitliefern würden, da es sonst unmöglich sei zu verstehen, mit welcher Intention das Wort genutzt werde – auch da die ModeratorInnen aus Gründen der Privatsphäre oft keinen Einblick in die betreffenden Facebook-Profile hätten. Eine präzisere Erklärung für die aktuelle Dyke-Löschwelle blieb Facebook schuldig.

Was der Vorfall zeigt, ist, dass uns ein paar lustige Regenbogen-Buttons nicht darüber hinwegtäuschen sollten, dass Facebook weder ein geschützter Raum für Minderheiten ist noch ein öffentlicher Ort, an dem Meinungsfreiheit gilt, sondern eine supranationale Kommunikationsinfrastruktur, bereitgestellt von einem Konzern, dem es weitgehend freisteht, nach eigenen Regeln und intransparenten Grundsätzen zu operieren. Wer von den Löschungen betroffen ist, kann sie bei https://onlinecensorship.org melden. Das Projekt sammelt Zensurvorfälle in Sozialen Medien und versucht so, Konzerne zu mehr Transparenz zu drängen.

Katrin Kämpf

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