HIV

PrEP bleibt unerschwinglich

17. Aug. 2017
© Deutsche Aids-Hilfe

Seit August gibt es billigere HIV-Medikamente. An der PrEP-Praxis wird sich allerdings so schnell nichts ändern. Dafür sind auch die Nachahmer-Präparate zu teuer

PrEP-Endkampf der Pharmahersteller: Die Medizinfirma Gilead will offenbar den Patentschutz für ihr Erfolgsprodukt Truvada vor Gericht verteidigen. Seit August gibt es günstige Nachahmerprodukte des HIV-Medikaments in deutschen Apotheken. Truvada gilt als „Rückgrat“ der HIV-Therapie und wird meist in Verbindung mit weiteren Medikamenten verschrieben. Vorbeugend dient es auch der Präexpositionsprophylaxe (PrEP), um eine Ansteckung mit HIV zu verhindern.

2016 hat Gilead rund drei Milliarden Euro mit den blauen Pillen umgesetzt. Das soll noch ein paar Jahre so weitergehen, daher will die Firma anderen Herstellern untersagen, das Medikament nachzubauen. Gilead behalte sich das Recht vor, „gegen die Verletzung seiner geistigen Eigentumsrechte vorzugehen“, erklärte die US-Firma auf Anfrage der Deutschen AIDS-Hilfe.

Die Konkurrenten sehen das anders: In Großbritannien klagen mehrere Hersteller von Generika, also Medikamenten mit patentfreien Arzneistoffen, gegen diesen weitreichenden Patentschutz für Truvada. Der Fall liegt inzwischen beim Europäischen Gerichtshof. Ein Urteil wird für nächstes Jahr erwartet. Aber für normale Apothekenkunden wird das keinen großen Unterschied machen. Wer HIV hat, bekommt von den Krankenkassen auch das teure Truvada bezahlt. Wer sich per PrEP vor HIV schützen möchte, muss selbst zahlen – und das bleibt für die große Mehrheit trotz der Truvada-Generika unerschwinglich.

„Die Preise sind nicht so stark gesunken, dass sie für PrEP-User einen großen Unterschied machen“, sagt HIV-Schwerpunktarzt Ingo Ochlast (42) vom Praxisteam Friedrichshain und rechnet vor: Je nach Packungsgröße liegt der Generikapreis etwa um ein Drittel unter dem von Truvada. Rund 560 Euro kostet eine Monatsration Tabletten. Sein Fazit: „Die Preise sind einfach zu hoch, auch die der Generika. Selbst Privatpatienten kaufen sich PrEP-Medikamente auf dem grauen Markt im Ausland.“

Das größte Problem am grauen PrEP-Markt ist in den Augen von Ingo Ochlast der Nachschub: „Was tun die Leute, wenn der Freund nichts mitbringt? HIV-Patienten könnten in so einem Fall zu mir in die Praxis kommen und bekommen ihre Tabletten. Prepper dürfen das nicht.“ Obwohl es vertrauenswürdige Quellen gäbe, wisse der PrEP-User nie, welche Wirkstoffe tatsächlich enthalten seien.

Jede Woche informieren sich beim Praxisteam Friedrichshain zwei bis drei Männer über die PrEP. Ingo Ochlast kann sie beraten und sogar Truvada auf Privatrezept verschreiben, aber: „Da die Kassen nicht bezahlen, habe ich keinen Überblick, was danach passiert: Woher beziehen die Leute ihre Medikamente? Nehmen sie ihre Tabletten regelmäßig oder on demand? Für mich als Arzt ist das frustrierend, weil ich die Patienten nicht so beraten kann, wie es nötig wäre.“ Regelmäßige Kontrollen in der Praxis wie bei HIV-Patienten kann der Allgemeinmediziner nicht abrechnen.

Ingo Ochlast setzt darauf, dass sich nach der Bundestagswahl auch die deutsche Gesundheitspolitik zu einer Finanzierung der PrEP entschließt, etwa über einen Fonds für Menschen, die stärker von HIV betroffen sind als der Durchschnitt. Die PrEP-Interessenten, die der Arzt aus seiner Praxis kennt, wären jedenfalls gut vorbereitet: „Die waren alle sehr gut informiert und sehr verantwortungsbewusst“, betont Ingo Ochlast: „Sie wollen einfach wieder normal und angstfrei Sex haben, so wie vor den 80er-Jahren.“

Philip Eicker

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