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Svetlana Linberg ist Berlins neue Queer-Beauftragte

2. Sept. 2017
Die neue Queer Beauftragte Svetlana Linberg © jackielynn

Svetlana Linberg ist Berlins erste bezirkliche Queer-Beauftragte. Am Freitag hat die Bezirksbürgermeisterin Tempelhof-Schöneberg Angelika Schöttler ihre neue Mitarbeiterin im Regenbogenfamilienzentrum der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Interview beschreibt sie ihre Zuständigkeit

Frau Linberg, welche Fähigkeiten und Eigenschaften braucht man als Queer-Beauftragte von Tempelhof-Schöneberg? Auf jeden Fall Verhandlungsgeschick, Diskussionsbereitschaft und nicht zuletzt Durchhaltevermögen, um das Thema auch in der breiten Bevölkerung voranbringen zu können. Vor allem aber kann ich auf meinen Erfahrungen aufbauen.

Sie sind zwar noch nicht sehr lange in Ihrer neuen Position, aber schon recht lange im Bezirksamt beschäftigt. Seit 30 Jahren, um genau zu sein – vor allem im Personalbereich und zuletzt in der Aus- und Fortbildung. Ich arbeite nicht nur sehr lange im Bezirk, sondern lebe auch hier und kenne Tempelhof-Schöneberg daher sehr gut.
Zum anderen kann ich als Trans*-Person auch aus der eigenen Erfahrung heraus argumentieren, das ist bei diesem Thema sicherlich nicht von Nachteil. Ich habe mich im Dezember 2016 in meiner Dienststelle geoutet.  Im Vergleich zu vielen anderen Trans*-Menschen ist das völlig unproblematisch verlaufen und ich habe viel Zuspruch und Unterstützung von Kolleg_innen erhalten. Das wünsche ich auch allen anderen trans*- und homosexuellen Menschen, die sich am Arbeitsplatz outen wollen.

Berlin verfügt über ein vergleichsweise sehr ausdifferenziertes Angebot an LGBTI-Organisationen und Anlaufstellen. Welche zusätzlichen Aufgaben erfüllt nun die Queer-Beauftragte, die von den bestehenden Einrichtungen nicht übernommen werden können? Natürlich können sich Bürger_innen mit Fragen und Problemen im Bereich LSBTT*IQ an mich wenden. Wenn ich ihnen nicht direkt weiterhelfen kann, so weiß ich an welche Beratungsstellen ich sie weiterverweisen kann. Ich bin aber auch Ansprechpartnerin für die Politik –  zum Beispiel, wenn entsprechende Anfragen aus der Bezirksverordnetenversammlung gestellt werden. So unterstütze ich etwa die Bezirksbürgermeisterin bei diesen Themen und bin Ansprechperson für Mitarbeiter_innen des Bezirks, aber auch für Verbände, Vereine und Organisationen.

Also die in Sachen Verwaltung und Kommunalpolitik versierte Person für queere Angelegenheiten des Bezirks. Mir ist deshalb zunächst wichtig, die Vernetzung untereinander auszubauen. Wenn mehrere zusammenspielen, kann man auch viel mehr erreichen. Ein anderes wichtiges Anliegen ist, die Sichtbarkeit queerer Vielfalt zu vergrößern. Das beginnt mit kleinen Schritten. So ist die Regenbogenfahne am Rathaus Schöneberg nun nicht nur zum Stadtfest, sondern ganzjährig gehisst. Und nicht zuletzt gilt es, sich als Bezirk den Problemen der Community zu widmen.

Können Sie da ein Beispiel nennen? Ganz akut wäre da die Zunahme der Gewalt im Regenbogenkiez zu nennen. Mit einer Hauswurfsendung haben wir zunächst Anwohner_innen und Gewerbetreibende auf die Problematik aufmerksam gemacht und um Unterstützung gebeten. Zum Beispiel, indem sie die Schaufenster nachts beleuchtet lassen und so dazu beitragen, die Lichtsituation in den fraglichen Straßen zu verbessern. Derzeit sind wir darüber hinaus im Gespräch, die Straßenbeleuchtung generell anzupassen.  

Im Mai haben Sie Ihre neue Position zunächst kommissarisch übernommen, seit Mitte Juli wurde Ihnen das Arbeitsgebiet nun fest übertragen und Sie sind nun ganz offiziell Berlins erste Queer-Beauftragte. Und hoffentlich nicht die letzte! Es wäre natürlich wünschenswert, dass wir Vorbild sein können und es in naher Zukunft auch in anderen Bezirken Ansprechpersonen für queere Lebensweisen gibt.

Die korrekte Stellenbezeichnung lautet „Beauftragte für queere Lebensweisen und gegen Rechtsextremismus“. Wie kommen diese beiden Themenfelder in einer Stelle zusammen? Vor mir hat jemand diese beiden Arbeitsbereiche gewissermaßen nebenbei betreut, und so werden nun diese beiden Themen auch zusammen fortgeführt. Ich werde mich nun allerdings im Gegensatz zu meinem Vorgänger noch intensiver auf diese Felder konzentrieren können.

Dass Rechtextremist_innen im Bezirk es nun von Amts wegen mit einer Trans*-Frau auf nehmen müssen, darf man als Coup betrachten. Mal sehen, wie es sich entwickelt (lacht). Wir wissen ja leider aus Erfahrung, dass gerade die rechte Ecke gern gegen alles wettert und agitiert, was queer ist. Insofern ist die Verbindung dieser beiden Aufgabenfelder vielleicht doch nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick vielleicht scheinen mag.

Interview: Axel Schock

Die Queer-Beauftrage im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg ist telefonisch unter (030) 902 77-36 42 zu erreichen,
E-Mail: queer@ba-ts.berlin.de

Weitere Informationen auf der Webseite: http://www.berlin.de/ba-tempelhof-schoeneberg/politik-und-verwaltung/beauftragte/queere-lebensweisen-und-rechtsextremismus/

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