Aktion

Bären gegen Rechts: „Ein Blick ins AfD-Parteiprogramm zeigt ganz viel heiße Luft“

14. Sept. 2017

Inspiriert von der fiktiven Berliner Partei „Travestie für Deutschland" wurde die Fotoaktion „Bären gegen Rechts“ ins Leben gerufen. Mit Sprüchen wie „Ich wähle Prada statt Petry“ oder „Gegen Populismus! Keine Stimme für rechte Parteien“ haben sich ungefähr 20 „Bären“ ablichten lassen, um Leute zu motivieren, zur Wahl zu gehen und sich gegen rechte Parteien zu entscheiden.

Hinter der Aktion steht u. a. der aktuelle Mr. Bear Germany Andreas Grundmann, die Bartmänner Köln e. V. und die Gentle Bears Bar. SIEGESSÄULE hat Andreas zu der Aktion befragt

Andreas, warum habt ihr die Aktion ins Leben gerufen? Schon bei meiner Wahl zum Mr. Bear Germany 2017 im November 2016 habe ich dazu aufgerufen, wählen zu gehen. Gerade in dieser Zeit, wo Populisten und rechtes Gedankengut immer weiter aufkeimen, finde ich es wichtig, Zeichen zu setzen, zu zeigen, dass wir für ein buntes Deutschland sind, dass wir keinen Platz für Rechtspopulisten und Rassisten haben. Mit der Aktion wollen wir zum einen gegen Rechts mobilisieren, aber auch so vielen wie möglich klar machen, wie wichtig es ist, wählen zu gehen. Seine Stimme bei der Wahl abzugeben ist natürlich nur ein Zeichen, aber auch die kleinen Gesten zeigen Wirkung – wie Statements auf Facebook, Beteiligungen an Demos etc. Leider zeigen sich AfD-Anhänger häufig als diskussionsfaul und nicht offen für jegliche Argumentation. Das finde ich sehr traurig und erschreckend, aber umso mehr spornt es dazu an, solche Aktionen ins Leben zu rufen.

Auf dem Plakat, auf dem du zu sehen bist, steht: „Nicht überall wo Alternative drauf steht, ist eine Alternative drin.“ Was ist deine Kritik an der AfD? Wo fange ich da an? Zunächst möchte ich festhalten, dass ich nicht denke, dass jeder AfD-Wähler rechtsradikal ist. Ich kann verstehen, dass viele Menschen von den Volksparteien enttäuscht sind, sich allein gelassen fühlen, vieles als ungerecht empfinden oder einfach nur Angst haben und deshalb aus Protest eine kleinere Partei wählen. Aber was ich nicht verstehen will – Protestwahl hin oder her – wie man eine Partei wählen kann, die offen rechtsradikal, frauenfeindlich und homophob ist. Fast täglich bekommt man verbale „Ausrutscher“ von Höcke, Gauland, von Storch und wie sie alle heißen mit. Und es wird stellenweise bejubelt. Offener Rassismus und mehr oder weniger versteckter Antisemitismus scheinen wieder salonfähig geworden zu sein. Und das macht mir Angst! Ein Blick ins Parteiprogramm der AfD zeigt ganz viel heiße Luft, mehr nicht. Ich würde mir wünschen, dass AfD-Wähler sich dies auch mal durchlesen würden, statt nur auf die Hetzreden der Parteiführenden zu hören. Die AfD schürt nur weiter Angst und Hass, und gerade wir sollten aus der Geschichte gelernt haben, wohin das führen kann! Was ich aber am wenigsten verstehen kann ist, wie man als Schwuler, als Lesbe oder trans* Person diese Partei wählen oder Parteimitglied werden kann. Eine Partei, die mich als Mensch nicht so akzeptiert und respektiert, wie ich bin, die eine Klage gegen die Ehe für alle einreichen würde, wenn sie es dürfte ... Das will mir einfach nicht in den Kopf!

Glaubt ihr auch über die Community hinaus Leute erreichen zu können? Ich denke schon, dass wir auch viele Menschen außerhalb unserer Community damit erreichen, schließlich haben wir alle Freunde, Familie und Bekannte, die nicht schwul sind! Die Aktion richtet sich an alle! Und dank den sozialen Medien ist es heute sehr einfach, viele Menschen einzubeziehen.

Ihr habt euch von den Berliner Dragqueens (Travestie für Deutschland) inspirieren lassen. Was hat dir bzw. euch an deren Aktion gefallen? Als erstes stachen die tollen Fotos ins Auge. Die Fotografen und die Ladies haben eine visuell großartige Arbeit geliefert. Hinzu kam, dass der witzige, pointierte, subtile aber nie ins Lächerliche ziehende Umgang mit dieser ernsten Thematik mich sehr begeistert hat. Ich denke, Travestie für Deutschland wollte nicht nur ein Zeichen setzen, sondern auch inspirieren. Mich haben sie jedenfalls inspiriert und ich hatte schnell den Wunsch, etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen.

Bei der Travestie für Deutschland gab es massive Reaktionen von rechter Seite. Auch bei euch gab es bereits vereinzelt negative Sprüche. Wie sahen diese aus und wie habt ihr darauf reagiert? Wie fiel generell die Resonanz auf eure Aktion bisher aus? Der überwiegende Anteil der Reaktionen fiel sehr positiv aus, und das nicht nur aus der Bärencommunity. Klar gab es auch negative Reaktionen, so wurde z. B. geschrieben, dass wir uns doch um unsere Probleme kümmern sollten statt um Politik (was auch immer das heißen mag). Wahlbeeinflussung wurde uns ebenfalls vorgeworfen. „Linksradikales Dreckspack“ kommentierte ein Facebook-Nutzer. Teilweise konnte gar nicht darauf reagiert werden, weil ich sofort geblockt wurde. An anderer Stelle gab es kurze Diskussionen, die für mich unbefriedigend waren, da nicht argumentiert, sondern nur an der eigenen Meinung festgehalten wurde – was ich sehr schade finde. Von persönlichen Anfeindungen habe ich bisher nichts mitbekommen und die negativen Resonanzen waren, im Vergleich zu den wohlgesonnenen, verschwindend gering. Alles in Allem betrachte ich unsere Aktion als Erfolg.

Interview: as

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