Szene

Wieder eine Lesbenparty weniger: Die letzte „Mermaids“!

15. Sept. 2017
Ein Abschied: „Mermaids" - Veranstalterin Luca Prestifilippo auf der Insel der Jugend

Die Partyreihe „Mermaids“ geht zu Ende. Warum und inwiefern es schwierig ist, Lesbenpartys in Berlin zu organisieren, erzählte uns Veranstalterin Luca Prestifilippo

Die „Mermaids“, berühmte Berliner Lesbenparty auf der Insel der Jugend, findet am Samstag zum letzten Mal statt. Damit hat Berlin, wo lesbische Partyreihen ohnehin dünn gesät sind, noch ein Angebot weniger.

Nach 12 Jahren schlafloser Nächte erzählt die Veranstalterin Luca Prestifilippo im Gespräch mit SIEGESSÄULE, warum sie nicht mehr weitermachen will

Warum geht die Mermaids Party „in Rente“, wie es auf der Webseite der Veranstaltung heißt? Ich brauche eine Pause! Ich arbeite seit 3 Jahren Vollzeit, davor war ich Vollzeit an der Uni. Ich habe immer fast meine gesamte Freizeit in die Mermaids gesteckt, in die Organisation, Flyer gestalten und verteilen, Deko basteln und Nachbereitung. Am Anfang waren wir zu viert. Alle anderen haben vor mir feste Jobs bekommen und aus Zeitgründen aufgehört. Seit 2 Jahren mache ich alles alleine, jetzt brauch ich auch mal einen Break.

Was ist das Rezept für eine gute Lesbenparty? Es gibt kein Rezept für eine gelungene Party. Dann wäre es einfach! Man gibt sein Bestes, versucht zu lernen, tauscht sich mit anderen Veranstaltern aus... Wir haben immer versucht, so viele Lesben und Queers wie möglich zu beschäftigen: an den Plattenspielern, hinter der Bar, an der Garderobe, Kasse, Security. Wir haben versucht, erfolgreiche DJanes und talentierte Newcomer gleichermaßen zu buchen, haben andere Partys eingeladen und mit vielen Gruppen kooperiert wie LesMadrid, Ladyfest, Seitenwechsel, She La München, Noa Frankfurt, Alpha Girls Hamburg, Ella Festival, L-Beach, Lesbian Woodstock oder Marianne Bar.

Was sind Deine schönsten Erinnerungen aus 12 Jahren Mermaids? Einmal haben wir an Silvester ein Feuerwerk, welches fast 800 Euro gekostet hat, falsch zusammengebaut und statt in 10 Minuten in 3 Minuten in die Luft gejagt. Es war kurz, aber spektakulär und wir haben Tränen geweint vor Lachen – nachdem wir damit fertig waren, uns darüber zu ärgern. Jurassica Parka hat einmal ihr Set unterbrochen, um uns suchen zu lassen, weil sie keinen Schnaps mehr hatte – sie hat die Suche über das Mikro kommentiert, das war auch ziemlich lustig. Einmal beim Season-Ending im Oktober haben wir mit den letzten Gästen die Sofas auf die Dachterrasse getragen und den Sonnenaufgang zusammen angeschaut. Und letztes Jahr haben zwei Lesben auf der Insel der Jugend geheiratet, da sie sich auf der Mermaids kennengelernt hatten. Es gab viele großartige Momente!

In Berlin hört man oft, dass es weniger und weniger Lesbenparties gibt. Beobachtest Du das auch? Braucht Berlin mehr Events für ein lesbisches Publikum? Das entscheidet das lesbische Publikum! Sie müssen sich die Räume nehmen, wenn sie Ihnen angeboten werden. Auf der Insel waren wir immer willkommen, in anderen Clubs mussten wir darum kämpfen, Events „nur“ für Lesben anzubieten. Dann ist es natürlich doppelt schade, wenn nicht genug Gäste kommen, um die Räume zu füllen. Wenn mein bester schwuler Freund auf eine Party geht, und nicht viel los ist, schickt er eine Nachricht an alle seine Leute mit der Aufforderung, zu kommen. Lesben geben Events oft nur eine Chance, und wenn es nicht voll war, gilt die Party als schlecht. Ich weiß nicht, woran das liegt.

Lesbenparties in Berlin dauern generell nicht sehr lange, wenn man es mit schwulen Parties oder mit Parties, die in den großen Techno Clubs Berlins stattfinden, vergleicht. In der Regel sind schon ab 5 Uhr die Tanzflächen leer, während anderswo Tag und Nacht, Wochenenden lang gefeiert wird. Sind Lesben doch nicht so feierlustig heutzutage? Schwer zu sagen. Wir müssen auf der Insel immer gegen 7 Uhr Schluss machen, weil um 10 Uhr wieder der normale Betrieb anfängt – wir könnten gar keine Events veranstalten, wie es zum Beispiel das Berghain tut. Wir sind aber auch keine Techno Party, das ist wie Äpfel und Birnen zu vergleichen.

Was sind Deine Pläne für die Zukunft? Auf jeden Fall werde ich im nächsten Jahr an den Samstagen auch mal zuhause bleiben – ohne schlechtes Gewissen, weil ich nicht flyern gegangen bin! Ich werde mir keine Termine in meinen Kalender schreiben, wann die Siegessäule Redaktionsschluß hat und meine Infos braucht. Ich werde keine 800 Euro in Münzen in meinem Rucksack auf meinem Fahrrad durch Berlin fahren, weil wir Wechselgeld brauchen oder auf Sonderangebote im Supermarkt achten für den Begrüßungsschnaps. Ich organisiere aber sehr sehr gerne und finde es wichtig, mich in die Szene einzubringen. Außerdem liebe ich diesen Moment, irgendwann nach 5 Uhr, wenn der größte Stress geschafft ist, eine kalte Cola an der Bar zu holen, mich in die Ecke zu stellen und den Gästen fünf Minuten beim Tanzen zuzusehen und mir bewusst zu machen: Die tanzen hier alle glücklich, weil ich die Arbeit auf mich genommen habe.

Interview: Annabelle Georgen

Mermaids Abschiedsparty
16.09., 23:00, Insel Berlin
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