Szene

Betreiber der Boiler-Sauna: „Wir nutzen unsere Monopolstellung nicht aus"

25. Nov. 2017
Guido, Geschäftsführer, und Marcel, Betriebsleiter der Boiler-Sauna

Seit sechs Jahren gibt es den Boiler am Mehringdamm 34. Nach der Schließung von Gate und Apollo wurde „er“ zur einzigen Gay-Männersauna in Berlin – und hat jetzt ein neues Preissystem eingeführt. In sozialen Netzwerken äußerten einige Gäste darüber ihre Unzufriedenheit.

Wir haben bei Boiler-Geschäftsführer Guido und Betriebsleiter Marcel einmal nachgefragt, was hinter den neuen Preisen steckt und wie sie mit den gestiegenen Besucherzahlen umgehen

Guido und Marcel, auf der Boiler-Website nehmt ihr zum neuen Preissystem Stellung. Hintergrund dafür ist eine große Zahl an kritischen Rückmeldungen seitens eurer Gäste. Was genau wird kritisiert?
Marcel:
Wir haben ein Zeitsystem eingeführt. Der reguläre Eintrittspreis gilt für fünf Stunden, ab der sechsten Stunde gibt es einen Zeitzuschlag von zwei Euro. Unsere Eintrittspreise an sich haben wir aber nicht erhöht.
Guido: Wir haben uns die Statistik zur Gastfrequenz angeschaut und festgestellt, dass rund 90 Prozent aller Gäste die Sauna nach weniger als sechs Stunden wieder verlassen. Das heißt, die neue Regelung betrifft nur etwa zehn Prozent aller Gäste. Und hier hauptsächlich diejenigen, die den Boiler langzeitig nutzen, auch als Hotelübernachtung. Viele von ihnen kommen außerdem zu Zeiten in den Boiler, wo es Sonderkonditionen, also ermäßigte Preise gibt. Und da haben wir gesagt, das finden wir nicht in Ordnung, das ist auch nicht fair gegenüber den Gästen, die den normalen Preis bezahlen. Deshalb haben wir das Zeitsystem eingeführt. Die Kritik kommt jetzt vorrangig von den Gästen, die es bisher gewohnt waren, für wenig Geld in den Boiler reinzukommen und das Maximum rauszuholen.

Hat sich dieses Verhalten mit dem neuen Zeitsystem verändert?
Guido:
Das können wir noch nicht sagen. Dafür ist der Zeitraum noch zu kurz. Zwei Euro die Stunde - das heißt, bei zwölf Stunden sind es 24 Euro, bei 24 Stunden 48 Euro. Damit sind wir immer noch preiswerter als jegliche Hotelübernachtung hier in Berlin, abgesehen von Hostels. Wir haben ja auch grundsätzlich nichts dagegen, wenn jemand lange bei uns bleibt. Wir wollen nur verhindern, dass jemand - gerade am Wochenende, wo wir 72 Stunden geöffnet haben - mit einmal bezahlen drei Tage lang im Boiler bleibt.

Auf Facebook formulierten ein paar Gäste den Vorwurf, ihr würdet eure Monopolstellung in der schwulen Saunalandschaft ausnutzen...
Guido:
Das tun wir nicht. Wir wären eher glücklich, wenn es hier in Berlin noch Mitbewerber gäbe. Weil sich die Besucher dann aussuchen könnten, wo sie hingehen wollen. Nicht jeder ist ein Fan vom Boiler. Es fehlen Alternativen. Deshalb würden wir mehrere Saunen begrüßen.

Gibt es weitere Gründe für die neuen Preise?
Guido:
Wir haben insgesamt deutlich mehr Aufwand durch so viele Besucher. Wir haben mittlerweile über 70 Mitarbeiter, die rund um die Uhr bei uns beschäftigt sind. Und wir haben 365 Tage im Jahr geöffnet. Wir haben nicht unerhebliche Miet- und Nebenkosten, hier vor allem Energiekosten. Denn mehr Gäste bedeuten natürlich auch mehr Verbrauch. Es wird mehr geduscht, die Lüftung muss öfter laufen. Auch der Reinigungsaufwand ist größer. Das läppert sich einfach zusammen.

Ist denn so ein Zeitsystem völlig neu?
Guido:
Nein, das gab es auch schon in der Treibhaus- und Apollosauna. Auch andere Saunen in Deutschland haben so ein Zeitsystem. Für uns ist es eben auch wichtig, dass wir die Kabinen frei haben. In anderen Saunen zahle ich Eintritt und dann noch einen Aufpreis für eine Kabine. Bei uns sind weiterhin alle Kabinen frei, ohne Aufpreis.

In den nächsten Tagen öffnet euer Hamam …
Guido: Damit haben wir eine zusätzliche Dampfsauna geschaffen, die mehr zu Ruhezwecken dient als unsere jetzige Dampfsauna und mehr Ruheflächen hat.

Inzwischen bilden sich oft lange Schlangen vorm Boiler. Wie reagiert ihr auf diesen Ansturm?
Marcel: Die Öffnungszeiten konnten wir nicht erweitern. Wir haben ja bereits Montag bis Donnerstag immer von 12 Uhr bis 6 Uhr morgens offen; und von Freitag 12 Uhr bis Montag 6 Uhr durchgängig. Wir haben jedoch unser Team vergrößert. Im Moment beschäftigen wir ca. 15 Mitarbeiter mehr als noch vor einem Jahr.

Interview: Andreas Marschner

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