Kommentar

„Ich bin trans*, holt mich hier raus!“

17. Jan. 2018
Giuliana Farfalla © RTL

Im neuen RTL-„Dschungelcamp“ tritt auch ein trans Model auf. Warum Sichtbarkeit alleine keinen Fortschritt für trans* Personen garantiert, erklärt SIEGESSÄULE-Autorin Naomi Noa Donath

Dass trans* Personen in Unterhaltungsfernsehshows sichtbar werden, ist eine neue Entwicklung. So wie in der zwölften Staffel von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“, dem „Dschungelcamp“ von RTL, das am Freitag startet und an dem mit Model Giuliana Farfalla eine trans* Person teilnimmt. Doch Sichtbarkeit alleine ist erstmal noch nichts Positives.

Trans* Frauen werden von der Unterhaltungsindustrie zu Objekten gemacht. Dargestellt als Freaks, Exot_innen, als Fetisch für cis* männliche Sexfantasien, sexualisiert und auf ihren Körper reduziert, dienen sie in Unterhaltungsshows oft nur der Dekoration. Die Fernsehsender wollen damit eine neue Zielgruppe gewinnen und sich gleichzeitig schmücken, wie tolerant sie doch seien. Dabei sind sie alles andere als das.

Wenn sie eine trans* Person für ihre Show casten, dann fast ausschließlich trans* Frauen, die ein cis* weibliches Passingideal erfüllen (also denen möglichst nicht anzumerken ist, dass sie trans* sind). Und die in der Show, egal, was das eigentliche Thema ist, idealerweise über ihren Körper und ihre OPs sprechen.

Trans* Frauen und trans* weibliche nicht-binäre Personen, die nicht das sexistische Schönheitsideal der Unterhaltungsindustrie erfüllen, werden oft gar nicht wahr-und ernst genommen. Viele Redakteur_innen verwechseln die Klischees, die sie über trans* Frauen kennen, mit der komplexen Realität. Und verwenden für trans* Frauen in den Shows ein Narrativ, bei dem es ausschließlich um die „körperliche Verwandlung zur Frau“ geht (wie es beispielsweise in der RTL-Pressemitteilung zu Giuliana Farfalla hieß). Transition ist ein bildstarkes Thema. Das Fernsehen liebt Vorher-nachher Vergleiche. Doch dieses Storytelling wird nicht allen trans* Personen gerecht. Für viele ist trans*- Sein nur eine Facette ihrer Persönlichkeit.

Wie wäre es also damit, trans* Personen zu casten und in die Shows einzuladen, die nicht den cis* sexistischen weißen Schönheitsidealen entsprechen? trans* Personen ohne Hormonbehandlungen und OPs, trans* Personen of Color, trans* Personen mit dis_abilities. Echter Respekt und echte Akzeptanz würde bedeuten, dass sie ganz selbstverständlich eingeladen und in der Show respektvoll behandelt werden, und keine übergriffigen Fragen gestellt bekommen. Dass nicht-binäre, genderqueere und agender Personen mitgedacht werden, bei denen es keine Transition von weiblich nach männlich oder von männlich nach weiblich gibt, und dass es Frauen gibt, die einen Bart tragen und deren Stimme tief klingt, ohne dass sie immer gleich als schwul oder Drag gelabelt werden.

Natürlich: der Verzicht auf Sichtbarkeit, oder ein reines Ausweichen auf „alternative“ Medien, wird auch keine Besserung bringen. Damit ein respektvoller Umgang seitens der Mainstream-Unterhaltungsindustrie möglich wird, brauchen wir als Community auch trans* Frauen, die sich innerhalb dieser Industrie bewegen, und die ihr zugleich kritisch gegenüberstehen. Die nicht für jedes Fernsehformat Protagonist_in werden (und wenn doch, dann mit einer inneren Distanz), die nicht jede Frage beantworten – und die Respekt einfordern, wo er nicht gegeben ist.

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Naomi Noa Donath

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