Kino

Sexszenen im kalten Sand: Kerstin Polte über ihren ersten Spielfilm

7. Mai 2018
© Alamode

Im Januar 2017 stellten wir euch in unserer Titelgeschichte „Watch out!“ vier Menschen aus Berlin vor, die sich gerade anschickten mit ihren Projekten so richtig durchzustarten. Darunter war auch die lesbische Autorin und Regisseurin Kerstin Polte, die seitdem u. a. eine Doku über die queere Rapperin Sookee drehte („Sookee – Von Seepferdchen und Schränken“) und deren Spielfilmdebüt „Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?" gerade in den Kinos angelaufen ist.

Darin erzählt Kerstin Polte mit leisem Humor von der demenzkranken Charlotte (Corinna Harfouch), die ihren Gatten Paul (Karl Kranzkowski) auf einem Rastplatz stehen lässt und sich mit ihrer Enkelin Jo auf den Weg ans Meer macht. Ihnen auf den Fersen: Paul und Jos Mutter Alex (Meret Becker), aufgegabelt von der Truckerin Marion (Sabine Timoteo), die sich auch gleich um Alex‘ Liebesleben kümmert ... Für ihren ersten Spielfilm, für den Polte auch das Drehbuch schrieb, gewann die Berliner Filmemacherin im April den Preis des Verbandes der deutschen Filmkritik. Unser Schwestermagazin L-MAG stellte ihr einige Fragen

Kerstin, kannst du uns sagen, worum es in „Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?“ geht und warum wir ihn uns anschauen sollten? In meinem Film geht es um die Frage, warum Katzen nicht fliegen können, was ein Wolkenunfall ist und wie man laut träumt – vor allem macht er Mut, die Chancen in jedem Moment zu ergreifen. Mein Film erzählt mit viel Humor, Hoffnung und Poesie davon, dass es sich immer lohnt, mit seinem Schicksal um die Wette zu rennen. Zudem macht es Spaß meinem großartigen, merkwürdigen, sehnsüchtigen und sturen Schauspielerinnen-Ensemble beim Aufbrechen, Streiten und Lieben zuzusehen.

Warum steht die lesbische Liebesgeschichte nicht stärker im Vordergrund?
Ich wollte diese schöne Liebesgeschichte zwischen Alex und Marion nicht problematisieren, sondern ganz selbstverständlich in ihrer leidenschaftlichen Wucht und der Magie des Augenblicks erzählen, eben als eine Variation des Themas: Nutze die Chancen des Moments. Und die „Mainstream“-Zuschauerin auch überraschen, weil grundsätzlich eher eine heterosexuelle Liebesgeschichte erwartet wird und homosexuelle Liebesgeschichten meist als „Problem“ erzählt werden.

Wurden Meret Becker und Sabine Timoteo in der Liebeszene gedoubelt? Meret und Sabine haben sich bei 10 Grad natürlich selber und gerne im kalten Sand gewälzt - und sind danach gemeinsam unter die Heizdecke gekrochen. Ein toller Moment in unserer Arbeit und ein großer Vertrauensbeweis…

Du hast doch bestimmt schon weitere Projekte. Wann zeigst du uns mal eine lesbische Hauptrolle?
Mein nächster Kinofilm „Blindgänger“ (Arbeitstitel) bekam gerade Filmförderung. Es soll eine Mischung von „Babel“ und „L.A. Crash“ werden, nur mit mehr Humor. Und hier gibt es tatsächlich einen lesbischen Hauptstrang: ein tolles Odd Couple wird im Vordergrund stehen, auf das ich mich schon sehr freue.

Interview: Uta Zorn

„Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?",
D 2017, Regie: Kerstin Polte,
mit Corinna Harfouch, Meret Becker, Sabine Timoteo,
ab jetzt im Kino

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