SIEGESSÄULE Präsentiert

Dreierbande: Ausstellung über Schroeter, Mikesch und Praunheim an der AdK

17. Mai 2018
Elfi Mikesch, Rosa von Praunheim, Werner Schroeter © Collage von Markus Tiarks aus Fotos von Elfi Mikesch und Rosa von Praunheim

Die Ehrung war mehr als verdient, und sie erfolgte, wenn man so will, im beinahe letzten Moment. Als Werner Schroeter bei der Berlinale 2010 den Special Teddy verliehen bekam, war dies ein ganz besonderes und ergreifendes Ereignis. Schroeter, von seiner Krebserkrankung bereits sichtbar gezeichnet, wirkte zerbrechlich, strahlte zugleich aber auch eine beeindruckende Würde und Ruhe aus. Seine Dankesrede: nicht weniger als eine Hommage an die Kraft des Films und die Bedeutung des queeren Kinos. Nur wenige Wochen später ist der Opern-, Theater- und Filmregisseur 65-jährig verstorben.

Dass jetzt die Akademie der Künste mit einer Ausstellung an ihn und sein umfangreiches, von einer kompromisslosen Ästhetik geprägtes Werk erinnert, ist angesichts seiner Bedeutung für den neuen deutschen wie den europäischen Film nicht sonderlich erstaunlich. Die umfangreiche Schau widmet sich aber nicht allein Schroeters Leben und Werk – u. a. mit einer Klanginstallation und einem von seiner Bühnenbildnerin Alberte Barsacq gestalteten Raum –, sondern zeigt ihn im Kontext zweier seiner engsten Freunde: Rosa von Praunheim und Elfi Mikesch.

Kennengelernt haben sie sich vor ziemlich genau 50 Jahren; das Jahr 1969 war auch für diese drei eine Zeit des Umbruchs und vor allem des Aufbruchs. „Wir wollten Kreativität und vor allem Intensität“, erzählt die lesbische Fotografin, Regisseurin und Kamerafrau Elfi Mikesch, „und darin haben wir uns gegenseitig beflügelt.“ Die intime Liaison zwischen Schroeter und Praunheim währte zwar nur kurz, die Neugierde aufeinander aber blieb. Rivalitäten? Gab es nicht, beteuert Praunheim. Auch wenn er natürlich manchmal neidisch gewesen sei auf den internationalen Erfolg Schroeters, etwa mit der Ingeborg-Bachmann-Adaption „Malina“.

„Ich mochte keineswegs alles, was er gemacht hat. Mit seinem Hang zur Oper und Überästhetisierung konnte ich nicht viel anfangen und viele Sachen habe ich schlicht nicht verstanden“, gibt der Filmemacher zu. Diese Kultur für die oberen Zehntausend war ihm fremd. „Ich war eher politisch interessiert und machte eben diese kleinen, schmutzigen Filme. Doch wir haben uns immer gegenseitig respektiert und uns nie aus den Augen verloren und die Arbeit des anderen verfolgt.“ Elfi Mikesch bestätigt: „Die gemeinsamen Anfänge waren einfach etwas sehr Verbindendes.“ Bei fast 20 Filmen der beiden Freunde hat sie die Kamera geführt und mit ihrer poetischen Bildsprache bereichert. Dabei konnten die künstlerischen Sichtweisen der beiden Filmemacher kaum unterschiedlicher sein: „Werner mit seinem Sinn für Musikalität und die Musikgeschichte hatte sich mit seiner sehr extremen Filmsprache angreifbar gemacht. Rosa hatte da mehr einen Hang zum Trivialen und sah den Film immer auch als ein Mittel, um die Gesellschaft aufzubrechen.“ Auch wenn es da manchmal heftig gekracht hat, sagt die 77-Jährige, „unsere Freundschaft, und damit meine ich vor allem das Vertrauen ineinander, hat dies nie erschüttern können“.

In der Ausstellung zeigt Mikesch nun neben fotografischen Arbeiten auch ihr Spielfilmdebüt „Execution: A Story of Mary“ von 1979. Für einen als Camera obscura konzipierten Raum hat sie auch bislang unveröffentlichtes Material zu dem vor 20 Jahren während eines USA-Aufenthalts begonnenen Spielfilm „L.A. Tango“ für eine Dreifach-Video-Projektion herangezogen. Rosa von Praunheim hingegen lässt in der Akademie der Künste kurzerhand sein mit Erinnerungsstücken, Stofftieren und Büchern vollgestopftes Arbeits- zimmer aufbauen. Und weil‘s Rosa nun mal bunt und kitschig mag und heute schon ans Nachleben denkt, lässt er sich inmitten des Ausstellungssaals auch ein farbenfrohes Mausoleum errichten.

Axel Schock

SIEGESSÄULE präsentiert
Abfallprodukte der Liebe, 18.05.–12.08., Di–So: 11:00–19:00,
Akademie der Künste
adk.de

Performance und Demo zur Erinnerung an den Schandparagrafen 175,
17.05., 18:00, Pariser Platz, mit Sigrid Grajek, Johannes Kram und Georg Härpfer. Anschließend Vernissage der Ausstellung (ab 19:00)

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