Szene

Schwulenberatung relativiert Kritik am Preis für lesbische* Sichtbarkeit

6. Juli 2018
Geschäftsführer der Schwulenberatung Marcel de Groot

Nach einigem Wirbel in sozialen Medien und negativen Reaktionen aus der Community hat die Schwulenberatung ihre Kritik am Berliner Preis für lesbische* Sichtbarkeit relativiert. In einer heute veröffentlichten Stellungnahme schreibt Marcel de Groot, Geschäftsführer der Schwulenberatung, die Kritik sei von manchen als Ablehnung lesbischer Projekte aufgefasst worden. Dem wolle man „entschieden widersprechen“. Die Schwulenberatung unterstütze „die Sichtbarkeit von lesbischen Frauen wie die anderer, bisher unterrepräsentierter Gruppen“ und begrüße den Preis als „sichtbares Symbol.“

Der mit 3000 Euro datierte Preis wurde am vergangenen Montag an Dr. Ilse Kokula verliehen. Im Vorfeld hatte die Schwulenberatung in einem Brief an den verantwortlichen Justizsenator Behrendt bemängelt, mit dem Preis würde ein „Zielgruppenranking“ durchgeführt, das Lesben auf Kosten der Sichtbarkeit von trans* und inter* Menschen auszeichne. Aus der Gruppe der LGBTI „eine Teilgruppe durch einen Preis besonders hervorzuheben“ sei kontraproduktiv. Es ließe vermuten, dass es bestimmte Kriterien dafür gebe, „wer bei der Diskriminierung am schlechtesten abschneidet.“ Statt den Zusammenhalt in der Community zu stärken, würden damit „die weiteren Vorurteile und Abgrenzungen gefördert.“ 

Über die Intervention der Schwulenberatung empört zeigte sich unter anderem Buchautor Johannes Kram. In einem Kommentar auf seinem „Nollendorfblog“ fragte er: „Fangen wir jetzt wirklich an, das eine Problem mit anderen auszuspielen? Was für einen Nachteil haben Trans* und Inter* davon, dass für Lesben (etwas) mehr gemacht wird?“ De Groot instrumentalisiere in seinem Brief trans* und inter* Menschen. Jurymitglied Stephanie Kuhnen twitterte am Tag vor der Preisverleihung, das Verhalten der Schwulenberatung sei ein „ehrloses Ränkespiel“. Der SIEGESSÄULE liegt außerdem ein anonymes Schreiben von „regelmäßigen Nutzer*innen“ der Angebote der Schwulenberatung und der ihr angegliederten Inter* und Trans* Beratungsstelle Queer Leben vor. Darin heißt es, man wende sich gegen eine „Vereinnahmung von Trans* und Inter* für eine Kokurrenzpolitik gegen lesbische* Sichtbarkeit und Projekte“. Die Kritik an der Preisvergabe übersehe etwa, dass auch trans* Menschen sich als lesbisch* empfinden können.

Mit dem Brief an den Justizsenator habe man „zu mehr Sichtbarkeit aller Zielgruppen beitragen und wichtige Themen der LSBTI*-Community ansprechen“ wollen, führte Marcel de Groot nun in der heutigen Stellungnahme aus. Dass dies „nicht in dem gewünschten Maße gelungen“ sei, bedaure er sehr. Außerdem gratulierte er nochmal ausdrücklich im Namen der Schwulenberatung allen drei Frauen, die für den Preis nominiert waren – neben der Gewinnerin Ilse Kokula Sigrid Grajek und İpek İpekçioğlu – und dankte ihnen für ihr Engagement. 

fs

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