Polen

Erste Stettin Pride trotzt rechten Drohgebärden

17. Sept. 2018
© Modest Adam

Am Samstag fand in Stettin, unserer polnischen Nachbarstadt auf der anderen Seite der Oder, zum allerersten Mal eine Pride Parade statt. Mit fast 4000 TeilnehmerInnen wurden selbst die optimistischsten Schätzungen übertroffen.

Im Vorfeld war die Stimmung eher verhalten: zwei Wochen vor der Pride wurde ein Infostand der organisierenden NGO „Lambda Szczecin“ angegriffen (SIEGESSÄULE berichtete). Als Antwort auf die konservative Stimmung im Land haben 2018 neun mittelgroße Städte Polens zum ersten mal einen Pride auf die Beine gestellt. Stettin war die erste „Neuanmeldung“. Das Orga-Team stampfte den Pride quasi aus dem Boden und finanzierte ihn teilweise sogar aus privaten Mitteln. 

Noch bevor sich am Samstag die Parade auf dem „Plac Solidarnosci“ in Bewegung setzte, war klar, dass sich das Engagement gelohnt hat. Mehrere Tausend Menschen säumten den Platz, darunter Gäste aus Schweden und Deutschland. In Begleitung von drei Partywagen zog die bunte Menge dann los durch die Straßen Stettins. Einige AnwohnerInnen winkten von Balkonen und Fenstern aus der Parade zu. Doch es blieb nicht nur unbeschwert: ein paar Straßen weiter warteten militante „Narodowcy“, nationalistische Gruppen. Sie beleidigten die TeilnehmerInnen und anwesenden PolizistInnen, spuckten, warfen mit Gegenständen und brüllten Hassparolen. Die Menge antwortete Ihnen mit dem Satz: „ Homophobie is heilbar“. Bis zum Ende des Zugs versuchten die „Naradowcy“ alleine oder in Kleingruppen die Polizeikette zu durchbrechen, was jedoch nie gelang. Einzelne wurden festgenommen.

Trotz dieser Vorfälle war die Stettin Pride ein ermutigendes Erlebnis – auch durch den großen Support aus Nachbarstädten wie Berlin, von wo viele UnterstützerInnen extra angereist waren. Monika Pacyfka Tichy von Lambda Szczecin sprach am Ende sogar begeistert von einer „Regenbogenrevolution“.

Modest Adam

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