Szenekonflikt

RuT wehrt sich juristisch gegen die Absage ihres Lesbenwohnprojekts

8. Okt. 2018
RuT und UnterstützerInnen demonstrierten im Mai 2018 vor den Räumen der Schwulenberatung

Die Lesbische Initiative RuT wehrt sich gegen die im September getroffene Entscheidung der Berliner Immobilien Management GmbH (BIM), ihrem Lesbenwohnprojekt eine Absage zu erteilen, obwohl RuT im letzten Jahr den Zuschlag für das Grundstück an der Schöneberger Linse erhalten hatte.

RuT hatte das Konzeptverfahren um das Grundstück bereits Ende November 2017 gewonnen, doch die Schwulenberatung legte als Mitbewerberin Einspruch ein und ließ das gesamte Verfahren juristisch prüfen. Daraufhin wurde es Anfang des Jahres zurückgestuft: Alle im Verfahren verbliebenen Projekte konnten konzeptionell und beim Kaufpreis nachjustieren. Ende September bekam dann die Schwulenberatung den Zuschlag, die auf dem Grundstück einen dritten „Lebensort Vielfalt“ errichten wollen.

Mithilfe einer Anwaltskanzelei wurde nun gegen diese Entscheidung Einspruch erhoben. Das gaben RuT am Wochenende in einer Pressemitteilung mit der Überschrift „Widerstand gegen Diskriminierung von Frauen/Lesben“ bekannt. Die entstehenden Kosten für Anwalt und Verfahren sind durch eine Spende gedeckt.

Laut RuT habe die BIM ihre Ablehnung damit begründet, dass das Angebot der Schwulenberatung witschaftlicher und das die Architektur besser gelungen sei. Wirtschaftlicher bedeute in diesem Zusammenhang, dass von der Schwulenberatung „mehr Geld geboten wurde" wie in der Pressemitteilung vermerkt wird. In allen anderen Punkten, die das Konzept betreffen, habe RuT volle Punktzahl erreicht.

Dem höheren finanziellen Gebot der Schwulenberatung könne zwar nichts entgegengesetzt werden – für diese Situation macht RuT die strukturelle Benachteiligung von Frauen verantwortlich. Gegen die Begründung, dass die Architektur der Schwulenberatung besser gelungen sei, will RuT aber Einspruch erheben. Denn Juristen machten die Initiative darauf aufmerksam, dass es nicht rechtens sei, dass der selbe Architekt, zum einen für die Ausschreibungs- und Entwicklungsplanung der Schöneberger Linse verantwortlich zeichne, zum anderen aber auch die Schwulenberatung bei ihrer Antragsstellung betreut habe und jetzt ihr Vorhaben umsetze.

Dieser Vorgang werde derzeit in einem Nachprüfverfahren bei der Vergabekammer untersucht. Bis hier eine Entscheidung gefallen ist, sei es der BIM untersagt, der Schwulenberatung den Zuschlag zu erteilen. „Um nicht in diesem Gefühl von Ohnmacht und Wut stehen zu bleiben, sondern uns zur Wehr zu setzen, haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen“, begründen RuT ihr Vorgehen.

Der Dachverband Lesben und Alter und die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren e.V. (BISS) haben eine gemeinsame Stellungnahme verfasst, die an mehrere Personen, darunter den Regierenden Bürgermeister und alle queerpolitischen SprecherInnen, verschickt wurde. In der Erklärung wird der Berliner Senat aufgefordert dem Wohnprojekt von RuT ein neues Grundstück zur Verfügung zu stellen:

„Die BIM hat aktuell entschieden, das Grundstück Schöneberger Linse nicht an das lange geplante Lesben - Wohnprojekt RuT e.V. zu vergeben. Der Dachverband Lesben und Alter e.V. und die Bundesinteressenvertretung Schwuler Senioren e.V. fordern daher den Berliner Senat auf, umgehend ein geeignetes Grundstück zur Verfügung zu stellen, damit das Konzept für ein lesbisches Wohnprojekt in Berlin realisiert werden kann. Um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, ist ein selbstbestimmtes lesbisches Wohnprojekt in Berlin dringend erforderlich. Ein großer Teil der queeren Community fordert einen Ort zum Leben und Wohnen, einen Ort sichtbarer Teilhabe lesbischer Frauen. Als bundesweite Interessenvertretungen für ältere Lesben und Schwule unterstützen wir dieses wichtige Anliegen“

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