Erinnern

Ravensbrück soll Gedenkort für lesbische NS-Opfer werden

10. Okt. 2018
Ursprünglicher Entwurf der Gedenkkugel © Susanne Kuntz

Nun soll es sie doch endlich geben: die sogenannte „Gedenkkugel“ für lesbische Frauen in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. Nach sechsjähriger Debatte hat der Beirat der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten am Dienstag mehrheitlich für einen Antrag des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg gestimmt. Ein Gedenkzeichen in Form einer Kugel soll laut dem Antrag fest auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Ravensbrück installiert werden. Es soll die Inschrift tragen: „Den lesbischen Frauen unter den Häftlingen der verschiedenen Verfolgtengruppen“.

Der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten liegen seit 2012 Anträge für ein Gedenkzeichen für lesbische KZ-Häftlinge in Ravensbrück vor. Bislang wurde dies aber immer abgelehnt. Wie der ehemalige Stiftungsdirektor Günther Morsch 2017 in einem Interview mit unserem Schwestermagazin L-MAG ausführte, habe die Stiftung Gedenkzeichen für bestimmte Gruppen bisher nur dann akzeptiert, wenn „eine gruppenbezogene Verfolgung durch die NS-Terrorinstitutionen“ nachgewiesen werden konnte. Dies sei für lesbische Frauen nicht der Fall.

Mit der nun beschlossenen Inschrift wird lesbischen Frauen zwar gedacht, aber keine gruppenspezifische Verfolgung nahegelegt. Anders sah der Entwurf für die Gedenkkugel aus, der von der Initiative „Autonome feministische FrauenLesben aus Deutschland und Österreich“ eingebracht worden ist. Die von der Initiative zuerst vorgeschlagene Inschrift hätte auch auf einen speziellen Verfolgungshintergrund lesbischer Frauen verwiesen: „Lesbische Frauen galten als 'entartet' und wurden als 'asozial', als widerständig und verrückt und aus anderen Gründen verfolgt und ermordet. Ihr seid nicht vergessen!“ 2015, zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers, legten AktivistInnen die Gedenkkugel bereits einmal auf dem Gelände der Gedenkstätte Ravensbrück nieder. Sie wurde aber durch die Gedenkstättenleitung wieder entfernt, weil der Vorgang nicht offiziell genehmigt war.

Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Situation von lesbischen Frauen in KZs und in der NS-Zeit allgemein sind bis dato noch sehr lückenhaft. Bereits laufende Forschungsprojekte gehen meist auf das Engagement einzelner ForscherInnen und feministischer Initiativen zurück.

FS

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