Im Kino

Jede Pose sitzt! Queen-Film „Bohemian Rhapsody“

30. Okt. 2018
Rami Malek als Freddie Mercury © 2017 20th Century Fox

„Is this the real life? Is this just fantasy?", so beginnt „Bohemian Rhapsody", jene sechsminütige Rockoper von Queen, die bis dato einer der größten Charts-Treffer ist. Der Traum des jungen Farrokh Bulsara von einer Musikerkarriere sollte keine Fantasie bleiben. Als Freddie Mercury, Frontmann der Band Queen, wurde er zum Fixstern der Musikgeschichte. Diesen Aufstieg zeigt „Bohemian Rhapsody", und Rami Maleks Darstellung der „Königin" lässt keinen Zweifel daran, dass die Welt es mit einer ebensolchen zu tun hatte.

Mit Langhaarperücke und ziemlich prägnanten Zähnen ausgestattet, macht sich Malek als junger Sänger mit der Band bekannt, die erstaunlich typgerecht besetzt ist. Man könnte denken, es wären tatsächlich Brian May und Roger Taylor. Wenn er vor seinen künftigen Kollegen steht, die Hände kokett in die Hüften gestemmt, ist schon die ganze Exaltiertheit zu erahnen, die später seine Performance ausmachen wird. Man denke nur an die Krone und den Hermelinmantel! Dem Hauptdarsteller wurde zunächst mit Skepsis begegnet, aber Malek ist einfach gut, jede Pose sitzt, egal ob Grandezza auf der Konzertbühne oder verletzlicher „poor boy" privat.

Bei aller Genauigkeit der Ausstattung, des Production Designs, bleibt der Film hübsch in familientauglichen Bahnen. Als Indiz für das verruchte Leben eines Popstars laufen kurz ein paar Typen in Leder durchs Bild. Auch begleitet die Kamera Freddie bei einem Streifzug durch ein Setting, wie es seit vielen Jahren für schwule Subkultur herhalten muss: knutschende halb nackte Typen in Kellerecken, schlechte Discomucke und lüsterne Zungen. Doch Freddie selbst schaut nur und darf nicht mitspielen. Das ist dann doch sehr mainstreamig und aseptisch.

Dem Film zugute zu halten ist aber, dass er Mercurys Sexualität bzw. Sexualleben thematisiert und in wenigen Szenen deutlich macht. In jungen Jahren war Mercury mit der Verkäuferin Mary Austin liiert, der er offenbart, dass er bisexuell ist, was diese mit dem Hinweis quittiert: „Mach dir nichts vor, du bist schwul." Sie blieben lebenslang befreundet. Ein öffentliches schwules Coming-out hatte Freddie nie – so es denn angesichts seiner exzentrischen und selbstverliebten Auftritte überhaupt nötig war. Er darf im Film auch seinen Longtime Companion Jim Hutton kennenlernen, der ihn um einige Jahre überleben wird.

Freddies Zeit in München wird allerdings nur gestreift, seine HIV-Diagnose kurz abgehandelt, Krankheit und Leiden bleiben außen vor. Lieber wird sich Zeit für Szenen vom legendären Wembley-Live-Aid-Konzert genommen, das zum großen Finale des Films wird. „Bohemian Rhapsody“ feiert die Hits von Queen und Mercurys Talent sowohl als Komponist wie auch als Performer. Und das ist in Ordnung.

Frank Hermann

Bohemian Rhapsody, USA 2018,
Regie: Bryan Singer,
ab 31.10. im Kino

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