Kino

Schwule Panik: Homosexualität im US-amerikanischen Horrorfilm

27. Nov. 2018
„The Hitcher" © Tri Star Pictures

Unter dem Titel „Gay Panic“ startet am Mittwoch im Martin-Gropius-Bau eine spannende Filmreihe: Das Thema ist Homosexualität im US-amerikanischen Horrorkino der 80er-Jahre. Dabei geht es um Filme, in denen Homosexualität tatsächlich Panik oder zumindest ein „starkes Unbehagen auslöst“, wie es im Ankündigungstext heißt.

Zu sehen sind u. a. Robert Harmons düsterer Thriller „The Hitcher“ (1986) mit Rutger Hauer und „Nightmare on Elm Street 2: Freddys Revenge“ (1985), den seine Fans auch liebevoll den Citizen Kane des „Gay Horror“ nennen. Was beide Filme eint, ist die Auseinandersetzung mit unterdrückten Begierden: Es geht um junge Männer, die mit psychopathischen Mördern konfrontiert werden. In der Inszenierung geraten diese Begegnungen zu deutlichen Metaphern für den Kampf mit der eigenen angstbesetzten Homosexualität.

In anderen Filmen wie „Butcher Baker Nightmare Maker“ steht hingegen die heterosexuelle Paranoia im Umgang mit schwuler Sexualität im Vordergrund. Um das zu verdeutlichen, sei ein Genre, „das sich der Angst verschrieben hat, besonders gut geeignet“, sagt Michael Kienzl, der das Programm zusammengestellt hat.

Dem Filmkritiker und Redakteur der Webseite critic.de ist die Filmreihe vor allem aus zwei Gründen wichtig: „Zum einen, weil das Horrorkino meiner Meinung nach durchaus queeres Potenzial hat, das sich etwa in der Faszination für Camp und Grenzüberschreitungen zeigt. Zum anderen finde ich es etwas schade, dass über queeres Kino überwiegend nur im Hinblick auf Arthousefilme bzw. Autorenfilme gesprochen wird.“

Dabei sieht sich das Horrorkino aus queerer Perspektive oft der Kritik ausgesetzt, weil queere Identitäten hier an das Unheimliche geknüpft werden und in Gestalt von Psychopath*innen und Mörder*innen erscheinen. Laut Michael Kienzl sei das grundsätzlich auch problematisch. Allerdings handle es sich meist um sehr ambivalente Darstellungen: „Der Blick auf einzelne Filme zeigt, dass diese Figuren nicht zwangsläufig (nur) negativ besetzt sind. Wichtig dafür ist meines Erachtens, dass Horrorfilme oft weniger Abbild der Realität sind als Fantasien. Das zeigt sich etwa daran, dass die Bösewichte oft zu den eigentlichen Helden werden – was nicht unbedingt dafür spricht, dass das Publikum eine Affinität zu Mördern hat, sondern eher, dass diese Figuren interessanter wirken, etwa weil sie extravaganter sind und sich über gesellschaftliche Regeln hinwegsetzen.“

In der im Anschluss an den Eröffnungsfilm „Sleepaway Camp“ (1984) stattfindenden Diskussion geht es dann auch um den Reiz am Bösen und das queere Potenzial des Horrorkinos. Sämtliche Filme werden als teilweise rare 35mm-Kopien gezeigt. Der Eintritt zu allen Vorführungen ist frei. Die Veranstaltung ist Teil einer seit September stattfindenen Reihe der deutschsprachigen Filmzeitschrift Revolver: Jeden Monat laden die Macher*innen ein weiteres Filmmagazin ein, für drei Tage das Kino des Martin-Gropius-Baus zu einem frei gewählten Thema zu bespielen.

as

Programm:

28.11.
19:30, Sleepaway Camp, USA 1984, englische Originalversion
anschließend
21:00 Diskussion mit Michael Kienzl und Christoph Draxtra

29.11.
19:30 Night Warning aka Butcher Baker Nightmare Maker, USA 1982, englische Originalversion
21:10 Boys Beware, Kurzfilm, USA 1961, englische Originalversion
21:20 The Hitcher, USA 1986, englische Originalversion mit finnischen und schwedischen Untertiteln

30.11.
19:30 Nightmare on Elm Street 2: Freddys Revenge, USA 1985, deutsche Fassung
21:00 Cruising, USA 1980, englische Originalversion

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