Alf Spröde vom Vorstand im Interview

Völklinger Kreis: „Wir müssen uns von rechtem Gedankengut abgrenzen“

18. Dez. 2018
Alf Spröde, Vorstand gesellschaftliche Vernetzung und Politik

In den letzten Tagen wurde über die Frage diskutiert: Wie AfD-freundlich ist der Völklinger Kreis, der Verband schwuler Führungskräfte? VK-Vizevorsitzender Alf Spröde bezieht Stellung

Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass auf der letzten Mitgliederversammlung des Völklinger Kreis, dem Verband schwuler Führungskräfte in Deutschland, ein Antrag keine Mehrheit fand, der eine gleichzeitige Mitgliedschaft in der AfD zum Ausschlussgrund aus dem VK gemacht hätte. SIEGESSÄULE berichtete

Alf Spröde, Vorstand des Bereichs „Politik und gesellschaftliche Vernetzung“ sowie Vizevorsitzender des Völklinger Kreises e. V., bezieht im Interview mit SIEGESSÄULE zu den Fragen Stellung, die in der Community seitdem in Sachen Völklinger Kreis diskutiert werden.

Lieber Alf Spröde, wieso ist für eine Mehrheit der Mitgliederversammlung eines schwulen Vereins, für den laut Eigendarstellung „Vielfalt und Wertschätzung nicht verhandelbar“ sind, eine gleichzeitige Mitgliedschaft in der AfD offensichtlich doch verhandelbar? Die Grundhaltung des VK ist auf der Mitgliederversammlung eindeutig gewesen. Die heißt: Wir stehen für unsere Werte ein und stellen uns gegen alle Organisationen die unsere Werte bekämpfen, insofern ist zum Beispiel eine gleichzeitige Mitgliedschaft in der AfD nicht möglich. Aber der zitierte Antrag hatte eben auch satzungsgemäße Auswirkungen und diese wollten wir im Vorfeld rechtlich abklären.

Das klingt jetzt sehr formaljuristisch. Darum frage ich mal ganz klar: Gibt es im Völklinger Kreis Mitglieder, die Positionen der AfD nahe stehen oder gibt es die nicht? Der Völklinger Kreis ist letztlich ein Spiegelbild der Gesellschaft, insofern kann es auch Mitglieder geben die Positionen der AfD nahe stehen. Allerdings gab es keine Wahrnehmung solcher Meinungen bisher. Wir haben aber, wie die meisten anderen Organisationen auch, keinen Zugriff auf die Parteizugehörigkeit unserer Mitglieder.

Wäre es nicht Aufgabe eines Vereins, der Vielfalt wertschätzt, dafür zu sorgen, dass Menschen, die Vielfalt offensichtlich nicht wertschätzen, nicht Mitglied dieses Vereins sind? Nicht zuletzt um der Glaubwürdigkeit innerhalb der Community willen? Es war jetzt das erste Mal, dass wir im Rahmen einer Mitgliederversammlung das Thema diskutiert haben – und was den Antrag angeht: Ja, der hat uns in seiner Kurzfristigkeit überrascht. Er hat uns aber auch gezeigt, wir wollen jetzt sehr schnell aktiv werden, darum haben wir ein Rechtsgutachten eingeholt. Keinesfalls wollen wir Entscheidungen treffen, die anschließend rechtlich angreifbar sind und denen, gegen die wir uns stellen wollen, sogar unerwünschte Aufmerksamkeit geben. Das Ergebnis wird eine Schärfung unserer Satzung sein und da gibt es die absolute Zustimmung der Mitglieder des Verbands. Das wird auf der Regionalkonferenz besprochen, an die hat die Mitgliederversammlung die Sache verwiesen, um kurzfristig handeln zu können.

Es ist ja immer ein Alarmsignal, wenn Whistleblower sich an die Öffentlichkeit wenden. Ist über diese Themen im Völklinger Kreis zu lange nicht geredet worden? Ja, ich glaube, dass es bei vielen Leuten nicht präsent war, als Verbandsdiskussion war es bei der Mitgliederversammlung das erste Mal. Insofern bin ich für die Diskussion ganz dankbar, die stattgefunden hat. Dort haben nämlich die Mitglieder mit einer überwältigenden Mehrheit gesagt, wir müssen uns von rechtem Gedankengut abgrenzen ...

... das hieße, es gibt auch eine Minderheit im VK, die das anders sieht! Wie gesagt, es sind keine derartigen Stimmen laut geworden, das wären jetzt Vermutungen aus einer Diskussion heraus, die sehr emotional, aber auch sehr gut war. Sie hat nämlich gezeigt, wir sind alle auf dem gleichen Weg, es gibt nur unterschiedliche Ansätze. Über die haben wir gerungen. Und das Ergebnis heißt, wir stehen weiterhin für Vielfalt, Toleranz, Gleichstellung und Gleichberechtigung.

Das sagt sich einfach, solange sie von anderen eingefordert wird. Aber Diversität bedeutet auch der Umgang mit Fremden, mit unterschiedlichen Hautfarben, mit Frauen, mit verschiedenen Religionen. Kann es da innerhalb des Vereins nicht doch knifflig werden? Nein! Wir haben ja auch Menschen mit Migrationshintergrund, mit verschiedenen Hautfarben, Behinderungen sowie trans Menschen oder Männer, die mit trans Menschen in einer Partnerschaft leben, im Verein. Leute, die nicht immer in den Mainstream weißer Cis-Männer passen! Wir stehen also sehr wohl auch da für Diversität. Auch in unserer Arbeit, beim Max-Spohr-Preis zum Beispiel oder dem Format „DiverseCity“ geht es uns nicht um die Selbstdarstellung weißer männlicher Führungskräfte, sondern grundsätzlich um die Themen Vielfalt und Akzeptanz.

Schauen wir mal nach vorne: Angenommen die Satzung des VK wird nun in der beschriebenen Weise geändert, wie soll das dann mit einem Ausschluss in der Realität funktionieren? Es geht um eine Schärfung der Satzung, die einen Ausschluss klar ermöglicht und rechtssicher formuliert. Wir haben das Ausschlusskriterium ja in einer weichen Formulierung schon in der Satzung. In meiner Zeit musste das nie angewendet werden...

...vielleicht wird es ja mal Zeit! Wir wollen für die Zukunft gewappnet sein: Wenn sich jemand z.B. in den sozialen Medien mit Positionen äußert, die mit dem VK nicht vereinbar sind, dann soll das ein Ausschlusskriterium sein und diese Schärfung soll dazu führen, dass wir das in Zukunft auch anwenden können.

Gibt es denn im VK Verständnis für den Aufschrei in der Community und das Einsehen, die Abgrenzung nach Rechts künftig deutlicher und klarer zu machen? Wir haben ja auch ohne die mediale Begleitung schon einiges getan. Das Rechtsgutachten und der Auftrag an den Regionalrat wurden schon vor den Veröffentlichungen beauftragt. Im Regionalrat sind alle Regional- und Fachgruppen des VK vertreten, das ist also ein demokratischer Prozess. Andererseits zeigt so ein Whistleblower auch das Herzblut, das in dem Thema steckt und das Signal: Tut etwas! Und die Vehemenz der Diskussion freut mich persönlich, denn sie zeigt, das ist kein Burschenschaftsgekungel und wir sind kein rechtskonservativer Verein. Wir arbeiten wie alle anderen LGBT-Vereine daran, die freie Gesellschaft nicht nur zu erhalten, sondern auszubauen.

Wäre es nicht Zeit für einen Verein, der selbst Vielfalt propagiert, sie auch besser vorzuleben? Anders gefragt: Ist es für den VK nicht überfällig, sich nach mehr als 27 Jahren zu queeren, sich Lesben, trans* - und inter Personen zu öffnen? Dann käme der Verein nicht mehr so leicht in den Geruch, eine schwule Burschenschaft zu sein. Ja und nein. Ich habe da einen Vergleich. So heißt zwar das Schwule Netzwerk NRW „schwul“, aber es gibt eigentlich keine schwulen Projekte mehr, die haben alle einen queeren Ansatz. Und das nehme ich auch für den VK in Anspruch. Die Projekte, die wir machen, sind fast durchgehend queer und orientieren sich darüber hinaus oft sogar an einem ganzheitlichen Diversity-Ansatz.

Aber sie werden ausschließlich von schwulen Männern gemacht!
Wir sind der Berufsverband schwuler Führungskräfte und Selbständiger, ja. Bei uns sind auch bisexuelle und trans* Männer organisiert. Wir arbeiten eng mit unserem lesbischen Schwesterverband, den Wirtschaftsweibern. In vielen Gremien, zum Beispiel in der Jury unseres etablierten Max-Spohr-Preises, sind wir breit aufgestellt und zwar auch über das „queer“ hinausgehend. So können wir im möglichen Rahmen Einfluss auf die Politik und die Gesellschaft nehmen. Es wäre auch eine gute Option, wenn es einen schlagkräftigen queeren Verband gäbe, aber das müsste sich entwickeln. Wir haben noch Gründungsmitglieder, die aus einer Zeit kommen, als der Völklinger Kreis im Halbgeheimen arbeiten musste, weil es schwulen Führungskräften wegen Erpressbarkeit nicht möglich war, sich zu outen. Und für diese älteren Mitglieder haben wir weiterhin die Aufgabe ein Schutzraum zu sein.

Aber entsteht nicht genau deshalb dieses „Geschmäckle“, der VK sei so ein halber Geheimbund, der hinter geschlossenen Türen kungelt?
Wir sind weder eine Burschenschaft noch ein elitärer Haufen. Das Ziel ist klar, wir arbeiten kontinuierlich an noch mehr interner Diversität. Bis dahin sind wir in einem kontinuierlichen Austausch mit allen anderen, mit denen wir zusammen arbeiten wollen und können. Und da gehört die AfD übrigens nicht dazu!

Dirk Ludigs

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