Asyl

Lesbische Geflüchtete von Abschiebung bedroht

24. Dez. 2018
Diana Namusoke (li.) und Success Johnson © Hassan

„Warum glauben sie uns nicht?”, fragt Success Johnson, als wir sie in einer Berliner Kirche zum Gespräch treffen. Hier hat die Nigerianerin zusammen mit der Uganderin Diana Namusoke Asyl erhalten, als für beide die Abschiebung in ihre Herkunftsländer angeordnet wurde. Gemeinden können Geflüchteten Kirchenasyl gewähren, das vom Staat geduldet wird. Betroffene und Unterstützer*innen haben dann Zeit, auf erneute Überprüfung der Fälle zu drängen oder auf dem Rechtsweg Lösungen zu finden.

„Ich wurde so geboren, ich konnte mich nicht ändern“

Es fällt Johnson schwer, ihre Geschichte zu erzählen. In Benin City/Nigeria verliert sie als kleines Kind Mutter, Vater und Bruder. Sie wächst bei ihrer Schwester auf. Johnson ist noch jung, als Nachbar*innen anfangen über sie zu reden, weil sie gern Jungenkleidung trägt. Mit 16 beschließt sie, das Land zu verlassen, um sich selbst und ihre Schwester zu schützen. Ein Bekannter bietet ihr an, sie nach Europa zu bringen. Im Gegenzug für die Überfahrt fordert er in Libyen dann Sex von ihr. Auf dem Boot nach Spanien ist sie bereits schwanger, wenige Monate nach der Ankunft bringt sie eine Tochter zur Welt. Da sie zu dieser Zeit auf der Straße lebt, nimmt das spanische Jugendamt ihr das Kind weg. Um den Traumata zu entkommen, reist sie weiter und landet 2016 in einer Flüchtlingsunterkunft in München.

Auch Namusoke weiß früh, dass sie anders ist. Mit 13 Jahren verliebt sie sich in eine Schulfreundin. Mit 16 schmeißen ihre Eltern sie aus dem Haus. „Ich wusste, dass ich so geboren wurde, ich konnte mich nicht ändern”, sagt sie. Sie findet Arbeit in Ugandas Hauptstadt Kampala, doch erfährt immer wieder Übergriffe. 2014 lauert ein Mob ihr auf und schlägt sie brutal zusammen. Nur knapp kommt sie mit dem Leben davon.

In Uganda steigt derzeit die Gewalt gegen LGBTI-Personen an. Durch die Arbeit von Aktivist*innen und internationalen Druck konnte die Strafe für Homosexualität von Todesstrafe zu lebenslanger Haft umgewandelt werden, bevor das entsprechende Gesetz 2013 vom Parlament verabschiedet wurde.

Ignoranz der Behörden

Mit Unterstützung fliegt Namusoke nach Deutschland und kommt in ein Asylheim nahe München. In ihrer ersten Anhörung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erzählt Namusoke, dass sie lesbisch ist und deswegen floh, doch dann bekommt sie Angst. Sie lebt auf engem Raum mit anderen afrikanischen Geflüchteten. „Ich dachte, wenn ich es weiterhin erzähle, wird das Probleme bringen“, erklärt sie. In der zweiten Anhörung sagt sie stattdessen, dass sie zwangsverheiratet werden sollte.

Johnson ergeht es ähnlich. Erst als beide Kontakt zu einer Gruppe von lesbischen Geflüchteten aus Afrika finden, werden sie ermutigt. Doch das BAMF und auch das Bayrische Verwaltungsgericht, bei dem Namusoke mittlerweile gegen den negativen Asylbescheid klagt, unterstellen den Frauen fortan, dass sie lügen würden. In einer Stellungnahme gegenüber SIEGESSÄULE erklärt das BAMF, „Glaubhaftmachung setzt ... einen schlüssigen Sachvortrag voraus.“ Dazu gehöre die „lückenlose Schilderung“ der Erlebnisse. Bei Johnson und Namusoke scheint dies wohl nach Ansicht des BAMF nicht gegeben.

Enttäuschend, denn hier zeigt sich ein Mangel an Sensibilität dafür, dass Geflüchtete oft ihre sexuelle Orientierung verheimlichen, da sie schlimme Erfahrungen gemacht haben oder sich vor Entblößung gegenüber Entscheider*innen, Dolmetscher*innen oder Heimgenoss*innen fürchten. Johnson und Namusoke haben einen einfachen Traum: endlich in Sicherheit sein. Für beide liegt die Hoffnung nun bei den laufenden Gerichtsverfahren.

Leila van Rinsum

Online-Petition „Bleiberecht für Success Johnson und Diana Namusoke!“, gestartet von der lesbischen Beratungsstelle LeTRa in München

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